Angry Inuk
Die Regisseurin des Filmes Angry Inuk, Alethea Arnaquq-Baril,
erklärt am Anfang des Filmes den Umgang mit Aggression in ihrer Inuit-Kultur. Wenn
ich mich über jemand ärgere, mit jemand im Streit liege, dann gibt es einen
Kampf, einen Battle, so etwas wie einen HipHop Battle. Ein Gegeneinander Tanzen und
Trommeln, ein Gegeneinander Singen. Wer zuerst lacht, hat verloren. Ärger und
Wut wird nicht öffentlich gezeigt, sondern es wird sich bemüht, ruhig zu
bleiben. Mit so einem ruhigen Ausdruck ist es allerdings schwer Gehör zu
finden. Und Alethea Arnaquq-Baril ist wütend. Richtig wütend. Auf die EU, auf
PETA, Greenpeace, IFAW. Sie bleibt ruhig, und entfaltet in ihrem Film die
Gründe für ihre Wut. Die EU, das Europäische Parlament hat beschlossen, den
Verkauf von Robbenfellen in der EU zu verbieten. Angestachelt durch die Bilder
der Tierschutzorganisationen von den armen, weißen, flauschigen Robbenbabys.
Das ist eine Kampagne, die aus den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts stammt
und bis heute erfolgreich läuft. Und damit wird seit 40 Jahren viel Spendengeld
gemacht. Die Robbenbays sind aber auch zu niedlich und eignen sich als
Fundraising-Maschine optimal. Ich habe mich nie gefragt, ob sich seit den 70ern
was geändert hat bzw. warum sich da nicht was geändert hat. Laut dem Film Angry
Inuk hat sich einiges geändert. In Südkanada, dort wo die Bilder herkommen, ist
die Jagd streng limitiert. Und in Nordkanada, dort, wo der Verkauf des Fells
erwachsener Robben die Menschen ernährte, ist durch das EU-Verbot der Markt
zusammengebrochen. Das müsste doch eigentlich auch für den Verkauf von weißen
Robbenbabyfell gelten. Wenn kein Markt dafür vorhanden ist, warum dann die
Baby-Robben schlachten? Warum werben die Tierschutzorganisationen also
weiterhin damit? Laut dem Film wissen die führenden Menschen in diesen
Organisationen um die veränderten Rahmenbedingungen. Aber auch, warum differenziert die EU nicht das Gesetz
dahin gehend, dass die Inuit vom Verkauf von Robbenfell leben können? Die Tage
hatte ich auf Facebook den Aufreger wegen einem Fernsehbericht zu schlechten
Haltungsbedingungen in einer Pelzfarm. Ich finde das so bigott. Wer hat sich
Putenmastställe oder Schweinemastställe mal von innen angeguckt,
Milchviehbetriebe, Kälberställe. Bloß weil ein Tier Pelz hat und plüschig
aussieht, erscheint es schutzwürdig (und dann Plastik-Plüschfell tragen, weil
das ja besser ist. Das Zeug wird aus Öl gemacht. Erneuerbare Ressourcen und so).
Und wo kommt das Leder der Schuhe, Gürtel, Taschen her. Don´t kill the Baby
Veal. Was mir durch den Film mal wieder so bewusst wird: genau hinschauen und
sich Hintergrund-Informationen zu besorgen, ist lästig, aber notwendig. Eine
Sache bis zum Grund zu durchdringen. Die Lobbyisten in ihren Taten und
Intentionen zu überprüfen. Auch Greenpeace will nur mein Bestes, nämlich mein
Geld. Dabei lobt Alethea Arnaquq-Baril die Umweltschutzorganisationen. Sie hält
sie für absolut notwendig, und findet, sie machen wichtige Arbeit. Nur scheint
es, als wenn sie aus finanziellen Erwägungen manchmal über das Ziel hinaus
schießen. Wer sich für weiterführende Informationen interessiert, hier der Link
zur Facebook-Seite von Alethea Arnaquq-Baril. Und wer was Exotisches, Sagenhaftes und eher
Blutrünstiges aus der Region Nunavut erleben will, Tungijuk mit Tanja Tagaq ist eine
berühmte Punk-Sängerin des Kehlkopfgesanges der Inuit. Der Film zeigt Mythen
der Inuit. Dieser Film war der Kurzfilm vor Angry Inuk auf der Berlinale.
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