Zweimal Kino, zweimal amerikanisches Kino, zweimal Hollywood
Film, zweimal Oscar 2017 nominierter Film. Beide Male starke
Frauenpersönlichkeiten, erfolgreiche, toughe, gut aussehende, attraktive
Frauen. Intelligente, erfolgsorientierte, selbst bewusste, willensstarke
Frauen. Und so unterschiedliche Aussagen. La La Land und Hidden Figures. In La
La Land will Emma Stone erfolgreiche Schauspielerin werden. Und wird es auch,
inklusive erfolgreicher Stücke- und Skripte-Schreiberin. Ryan Gosling hilft ihr
dabei. Er unterstützt sie, ihrem Traum zu folgen. Die Tanzszenen, die
Gesangsszenen, wie sie sich kennenlernen, sind goldig. Wie sie seine
Aufmerksamkeit erregt, wie sie sich versichern, dass es nur so Bekanntschaft,
keine Liebe ist, einfach wunderschön und gefühlvoll inszeniert. Wie sich ihre
Gefühle ändern, wie sie sich annähern, ganz großes Kino. Und es bleibt großes
Kino. Wie er Erfolg hat als Mitglied einer Band, was definitiv nicht sein Traum
ist. Wie sie sich zerstreiten, weil sie ihn daran erinnert, was sein großer
Traum war. Wie er leidet, als sie getrennt sind. Und wo er doch zu ihr fährt
und ihr die Nachricht bringt, dass sie vorsprechen kann für eine Serie, eine
Rolle. Ganz großes Kino. Und dann kippt der Film. Ins Negative, ins Unerlöste,
ins Frustige. In die Falschheit. In der einen Szene hilft er ihr, in der
nächsten Szene singt sie vor und bekommt die Rolle. Und in der übernächsten
Szene sieht man Emma Stone in Abend Ausgehkleidung, sagt dem Kind und dem
Babysitter auf Wiedersehen, mit einem unscheinbaren anderen Mann im Schlepptau.
Nicht Ryan Gosling. Und dann wird gezeigt, wie ihr Mann am Ende des Abends mit
ihr noch in eine Bar will. In eine Bar geht, die auf dem Weg liegt. Und es ist
– natürlich – ausgerechnet die Bar, mit der Ryan Gosling seinen Traum
verwirklicht hat. Genauso erfolgreich, wie sie ihren Traum verwirklicht hat.
Nur - eben nicht zusammen. Als er sie sieht, spielt er am Piano das Lied, über
dem sie sich beim zweiten Mal getroffen haben. Ihr gemeinsames Lied. Und
bekommt diesmal den Applaus, der ihm damals verwehrt wurde. Währenddessen kommt
eine Traumsequenz, in der gezeigt wird, wie es hätte sein können, wenn die
beiden zusammen geblieben wären. In der letzten Szene dieser Traumsequenz
verabschiedet sie sich in Abendkleidung von Kind und Babysitter, und der Mann,
mit dem sie ausgeht, ist Ryan Gosling. Dann wird wieder zurückgeblendet in den
Club. Er guckt sie an, sie guckt ihn an. Und dann geht sie mit dem anderen Mann
aus dem Club, nach Hause, in ihr anderes Leben.
Ich war so fertig nach dem Film. So traurig. Da lieben sich
zwei. Unterstützen sich bei der Verwirklichung ihrer beruflichen Träume. Machen
ihr Ding, machen Karriere. Und dann erträgt Hollywood dieses doppelte Glück
nicht. Ich finde die Botschaft eindeutig. Verwirkliche deine Träume, aber
erwarte nicht, dass deine Liebe dann lebbar ist. Du kannst nur eins von beiden
haben. Das trifft mich bis ins Mark.
So ganz anders Hidden Figures. Und sogar nach einer wahren
Geschichte. Drei afroamerikanische Frauen 1961. Alle drei hochintelligent. Und
sehr karriereorientiert. Schwarze Frau im Amerika der Sechziger. Das bedeutet
gleich doppelte Diskriminierung. Es wird gezeigt, wie sich jede einzelne der
drei ihren Weg, ihren Aufstieg in dieser männerdominierten NASA erkämpft. Jede
von ihnen hat Kinder, eine der drei, Katherine Johnson (gespielt von Taraj P.
Henson), ist verwitwet und lernt während ihres Karriereaufstiegs ihren zweiten
Mann kennen. Auch hier absolut goldig, wie er erst einmal sehr tief ins
Fettnäpfchen steigt mit Sprüchen und Kommentar zu intelligenten, berufstätigen
Frauen. Wie sie ihn daraufhin kalt abtropfen lässt. Absolut sehenswert. Wie
sehr sie sich ihrer Fähigkeiten und ihres Könnens sicher ist. Und schön zu
sehen, wie er auf seinen Fehler reagiert und ihn wieder gerade rückt. Wie er
dran bleibt, obwohl sie es ihm nicht leicht macht. Die Szene, wo sie zusammen
kommen, genauso wie die Sequenz, wo er ihr den Heiratsantrag macht. Absolut
goldig. Die Botschaft hier ist eine ganz andere. Zwar auch: Mach Karriere, mach
das, was du am besten kannst. Dann aber: Die zugehörigen Männer bewundern ihre
klugen Frauen, unterstützen sie, lieben sie, leben mit ihnen zusammen, haben Familie mit ihnen. Mary Jackson (gespielt von Janelle
Monae), die jüngste der drei Frauen, möchte Ingenieurin werden. Die Szene, wo
sie den weißen, männlichen Richter überzeugt, um den Finger wickelt, über den
Tisch zieht, genau die richtigen Argumente findet, damit er ihr erlaubt, in
Abendkursen ihren Abschluss zu machen. Klasse. Und dann die Szene, wo ihr eher
aggressiver, auf die Ungerechtigkeiten der Diskriminierung wütender Mann am
Abend ihres ersten Kurses vorher zu ihr kommt, und ihr ein Bündel
Drehbleistifte schenkt, damit sie es leichter hat im Unterricht. Da habe ich Tränen
in den Augen. Welch ein Liebesbeweis. Denn es ist aufgrund vorheriger Sequenzen
im Film klar, dass er ihren Weg nicht für sinnvoll hält. Das Thema, dass sich
durch den ganzen Film zieht, dass Liebe und Karriere gleichzeitig normal sind,
das macht den Film für mich doppelt beschwingt. Denn auch die Szenen, wo es um
Diskriminierung von Schwarzen geht, sind brillant. Zeigen trotz schwerem Thema
Humor. Und sind oft grafisch gut umgesetzt. Katherine in leuchtend grünem Kleid
inmitten lauter weiß behemdeten Männern. Grün wie die Hoffnung. Das sich etwas
ändert. Die Szene in der Damentoilette mit Octavia Spencer als Dorothy Vaughan und
ja wer, Kirsten Dunst als Mrs. Michael oder die einzige andere weiße Frau, die mitspielt.Wo Octavia Spencer der weißen Frau ihren Rassismus
aufzeigt. Die Szenen mit den Toiletten für coloured female. Zum Schieflachen
und gleichzeitig bleibt das Lachen im Halse stecken.
Beiden Filmen wünsche ich einen Haufen Oscars. Denn so sehr
ich bei La La Land geheult habe, so sehr mich meine Interpretation des Schlusses
angefasst hat, so sehr ist es doch ein guter, interessanter Film. Und ich habe
mir auch schon andere Interpretationen anhören müssen. Das Ryan Gosling der
typische Musiker ist, der neben seiner Musik keinen Raum für eine andere Liebe
hat. Das Emma Stone im Rollenvorbild berühmte Diva (auch eine herrliche Szene
in dem Café, in dem sie früher gekellnert hat) sowohl Kind und Familie als auch
erfolgreiche Karriere hat. Ja, so kann man das auch sehen. Aber das ist nicht
das große Gefühlskino, das ich gesehen habe. Das wirklich große Kino, das mich
mit positivem Lebensgefühl aus dem Kino gehen lässt, das ist Hidden Figures.
Ein Oscar für eine schwarze Amerikanerin, zudem eine Mathematikerin, nach einer
wahren Geschichte, ein Oscar für Taraj P. Henson, das wäre über den Film hinaus
ein Signal gegen Diskriminierung. Von Frauen und Schwarzen. Der Film spielt
immer wieder damit, wo die Frauen welche Karte ziehen, ob sie die ersten Frauen
oder die erste Farbige sind. Obwohl mir da die Ehrung von Octavia Spencer noch
lieber wäre. Weil sie noch nicht man einem Schönheitsideal entspricht.
In einer Szene spielt deutsche Geschichte am
Rande mit hinein. Einer der Ingenieure fragt Mary Jackson, ob sie Ingenieurin
werden will. Darauf sie antwortet, sie sei eine schwarze Frau, sie glaube nicht
an das Unmögliche. Woraufhin Karl Zielinski sagt: ich bin polnischer Jude, ich
sollte im KZ sterben. Und stehe jetzt hier in der Raumfahrt. Das ist Riesengroßes
Kino. Wie der ganze Film.
Bonmot am Rande: Mary Jackson wird von ihren Freundinnen angezählt,
dass sie mit dem weißen Astronauten flirtet. Ihr Kommentar: Das ist
Gleichberechtigung. Ich darf in jeder Farbe was Hübsches sehen. Geht mir auch
so: Mahershala Ali, der Schauspieler, der Jim Johnson spielt, den oben
erwähnten zweiten Mann von Katherine Johnson, finde ich eine Augenweide. Kevin
Costner ist sowieso ein optisches Schnuckel. Immer noch.
Pharell Williams hat die Musik verantwortet. Da bin ich
geneigt zu sagen: ausgerechnet der. Mit seinem Sexismus. Weil ich mich über das
Video von Blurred Lines so aufrege (und gleich nochmal den Link zum guten Comedy
Video). Guter Rhythmus, klasse musikalisches Lied mit elendem Text und noch
schlimmerem Bildmaterial. Im Film sind die Texte total passend und
frauenstärkend und antidiskriminierend. Und gefallen mir noch besser als die Musik
in La La Land.
Also, beides sind vielschichtige Filme, mit großen
Botschaften, grandiosen Bildern und guter Musik. Beide gucken und sich selbst
eine Meinung bilden.
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