Montag, 19. Juli 2021

Tengeri-Schamanenzentrum

Am Rand von Ulan Ude liegt das Tengeri-Schamanenzentrum. Bair Schambalovitsch baut es seit Jahren auf, inzwischen ist es DAS Schulungs- und Einweihungszentrum für Schaman*innen der Region und darüber hinaus. 





Da unsere Reiseleiterin Petra Schülerin bei Bair ist, dürfen wir an einer der Einweihungen teilnehmen, wir gelten als ihre Familie. Eine Freundin von ihr hat ihre 9. Einweihung, unter den Standardeinweihungen die höchste. Für die Vorbereitungen wird jede Hand gebraucht. 109 kleine Birken und drei große Birken werden mit gelb-roten und weiß-blauen Stoffbändern geschmückt. Die gelb-roten in der oberen Hälfte des Baumes symbolisieren die Sonne, die weiß-blauen in der unteren Hälfte symbolisieren den Mond. Larissa hat die Bänder schon mit der Hand vorgeschnitten, immer ein gelbes und rotes Baumwolltuch übereinander, bzw. ein weißes und ein blaues. Und alle Webkanten aussortiert. Wir binden stundenlang die Bänder in die Bäume, immer das hellere auf Seiten der Rinde. Zum Glück sind jede Menge burjatische Frauen jeden Alters dabei, auch ein paar Männer. Dank Händen und Füßen, Englisch, Französisch und Deutsch, dank unserer begleitenden Übersetzerin, Google Translator und dem guten alten Langenscheidt Wörterbuch kommt sogar Kontakt und Gespräch auf.







Gemeinsam arbeiten heißt auch gemeinsam essen. Blinis mit verschiedenen Marmeladen, in Fett gebackene Hefeteilchen und immer wieder heißen Tee mit viel Milch. 






Samstag, 17. Juli 2021

Burjatisch-mongolischer Schamanismus

Schon seit dem Studium interessiere ich mich für Schamanismus. Ich habe Findeisen, Eliade und Harner gelesen, kenne die diversen Publikationen der neuesten Zeit, verfolge die archäologische und ethnologische Diskussion, kenne mich aus mit Trancehaltungen nach Felicitas Goodmann, bin ausgebildet bei Fransje Bik nach Olga Kharitidi, die in der Tradition des Altai-Schamanismus steht.

Insofern war es für mich logisch, dass ich im Dezember 2019 die Anfrage einer Bekannten, ob wir nicht gemeinsam nach Berlin fahren wollen, für ein Wochenende zum burjatisch-mongolischen Schamanismus zum Thema Feuer, dass ich diese Anfrage mit ja beantworte. Gesagt, getan. 

Keksteller für die Geister 


Das erste Wochenende im Jahr 2020 verbringen wir in den Räumen des Alpenvereins Berlin. Das Ambiente ist so auf die Alpen zugeschnitten, dass ich komplett vergesse in Berlin zu sein. Der Inhalt des Seminars ist so auf Burjatien zugeschnitten, dass ich fast komplett vergesse, dass ich in Deutschland bin.




Wir dürfen bei der Vorbereitung für das Ritual helfen. Kekse mit Butter verkleben,  mit Smarties verzieren. Brennkegel herstellen, die mit buntem Garn gebunden werden. 





Dazwischen sind jede Menge Einheiten, in denen Bair Schambalovitsch, der leitende Schamane aus dem Tengeri-Schamanenzentrum in Ulan Ude, über das schamanische Weltverständis referiert. Ober-, Mittel- und Unterwelt, Sagen und Geschichten der Burjaten zum Gott der Schmiede, zur Göttin des Herdes. Es ist, als gucke ich einem tiefen ethnographischen Wissen zu, fühle mich mitten in einer Feldforschung. 

Dann wird das Ritual durchgeführt. Bair Schambalovitsch hat eine kleine Gruppe in Berlin, die gemeinsam mit Gabriel und Marina Sötschel das Ritual gestalten. Glöckchen, Schamanentrommel, Kekse, Wodkaspirit für die spirits. Ich bin beeindruckt, wie zuverlässig die Methode Trance hervorruft. Bin zutiefst berührt von den gereimten Worten, die denen der Ahnengeist in einer der Frauen spricht. Bin beschenkt durch die guten Wünsche für uns und unsere Angehörige, die wir alle mit ins Ritual geben dürfen. 

Eine Woche später melde ich mich bei Petra für die Schamanenreise an den Baikalsee an. Tengeri-Schamanismus vor Ort erleben. Die Umgebung, die Kultur, die diese Form des Schamanismus hervorgebracht hat, selbst, hautnah erleben. Geplant Sommer 2020. Corona lässt da dann keine Reisen zu. Deshalb bin ich jetzt hier. Sommer 2021. Wir sind eine der ersten Gruppen, die wieder ins Land kommen. Erst Montag ist der Lockdown wieder aufgehoben worden.

Morgen geht es für vier Tage ins Tengeri-Schamanenzentrum. Heute ist erstmal entspannen und ankommen angesagt.

Flug nach Ulan Ude

Was ich nicht richtig realisiert habe: heute ist Freitag. Das Wochenende beginnt. Mensch um Mensch wird es voller. Unten in der grossen Abflughalle habe ich mich gewundert, dass der Schalter zum Waffen deklarieren und einchecken so prominent ausgeschildert ist. Doch die vielen Männer im Flecktarn, die an mir vorbei zu den Inlandsflügen strollen, wollen vermutlich auf ein Wochenende zur Jagd irgendwo in Sibirien, auf Kamtschatka, in Karelien oder sonstwo in der Wildnis.


Ansonsten sind es viele Familien und noch mehr junge Leute, dieim eigenen Land reisen.  Es scheint, als wenn in Moskau genug Geld verdient wird, um in Ferien zu fliegen. 

Aber auch so bekomme ich ein realistisches Bild der russischen Mittelschicht. Moskau im Sommer ist vermutlich auch die (Glut)Hölle und die russischen Sommerschulferien sind lang. 




Der Flug startet im Abendrot. Da wir nach Osten fliegen, wird es den ganzen Flug über am Himmel nicht dunkel. Ulan Ude ist der Zeit in Deutschland sechs Stunden voraus. 

 



Inzwischen habe ich auch die anderen Teilnehmerinnen kennengelernt. Das letzte Stück der Strecke fliegen wir zusammen. 
Als wir in Ulan Ude ankommen, fühlt der Körper drei Uhr nachts, doch hier ist es neun Uhr. 

Willkommen Burjatien. Bei 20 Grad im Regen. 




Freitag, 16. Juli 2021

Umsteigen


Nachdem ich nicht mehr panisch bin, und ich mir meine ganzen Reiseunterlagen auf dem Flug von Frankfurt nach Moskau zum ersten Mal in Ruhe angucke und nicht nur überfliege, denke ich, die ursprüngliche Planung hätte vermutlich doch geklappt. Aber ich wäre nicht so tiefenentspannt.




Gestern im Zug habe ich noch bis 21 Uhr gearbeitet, gemailt, telefoniert. Heute bin ich eine arbeitsfreie Frau. Und habe massenweise Zeit für alle erdenklichen Abenteuer. 


Wir sind eine Reisegruppe von acht Frauen. Die beiden Leiterinnen sind schon in Ulan Ude, die anderen fünf sitzen in dem späteren Flieger von Frankfurt nach Moskau. 




Ich sitze bei 31 Grad in Moskau-Domodedevo. Eingecheckt im Wartebereich. Das Umsteigen war nicht soo schlimm, wie erwartet. Knappe zwei Stunden und ich war auch nur einmal falsch. Ich stand nämlich mit meinem riesengroßen Rucksack am Security Check, wo nur noch Handgepäck erlaubt ist. Der nette Russe, der meine Bordkarte und den Ausweis gecheckt hat, war so mit dem mit mir flirten beschäftigt, dass er das nicht bemerkt hat. Es stellte sich dann wieder einmal raus, dass Rucksäcke in der Größe Sondergepäck sind, und man noch einen weiteren Schalter besuchen muss. Insofern sind zwei Stunden wirklich schnell. 





Ich bin fasziniert von all den kyrillischen Beschriftungen und bleibe ständig stehen, weil ich noch so langsam lese wie eine Erstklässlerin. Ich bin begeistert, wenn ich Worte wieder erkenne. Die Nummern 1-10 bei den Flugansagen z.Bsp. Sprachen lernen gehört nunmal nicht zu meinen geliebten Interessen, sondern fällt eher in die Kategorie Disziplin und Pflicht. Und damit war es die letzte Zeit nicht weit her. 


Ab und an spricht mich jemand auf russisch an. Mit Englisch und rudimentärem Französisch bin ich bis jetzt auf dem Flughafen durchgekommen. Der Securitymitarbeiter, der beides nicht konnte, hat sich mit Zeichensprache geholfen. Mein Armschmuck hat nämlich ziemlich gepiepst in der Sichheitsschleuse. Ich musste die Arme dann hochnehmen. Metall ist nun mal Metall, ob Schmuck oder Waffe.


Das Einloggen ins WLAN war auch eine echte Herausforderung. Free-WIFI DMS. Ich musste dafür meine Telefonnummer angeben UND da anrufen. Im Ausland, in Russland, einfach so irgendwo anrufen. Da flashte die Panik nochmal hoch. Zumal - die SMS von meinem Provider, die kurz vorher kam, sagte 0,65 Ct für SMS und 6,05 € pro Minute Telefonat. Da musste ich mir schon einen Ruck geben. Doch ohne WLAN kein Internet, kein Blog schreiben, kein WhatsApp. Ich habe acht Stunden Aufenthalt.... Laut deren Text entstehen keine Kosten, und sie haben auch nur ganz kurz auf Englisch und Russisch Danke für den Anruf gesagt. Dann war ich drin im WLAN. 


Die nächste Hürde? 31 Grad, vielleicht auch mehr. Keine Rubel in der Tasche, nur Euro. Dank dem Lunchpaket habe ich genug zu essen, aber nicht genug zu trinken. 


Die Bank hat mir erklärt, meine EC-Karte ist nur im europäischen Ausland gültig, ich müsste alles mit Kreditkarte machen. Zur Probe habe ich Dienstag in Stralsund Bargeld mit der Kreditkarte abgehoben. Und die zugehörige Geheimnummer auswendig gelernt. Jetzt ist der Ernstfall. Ein grosser Cappuccino (bolschoi) und ein riesiges Eis, schwarze Johannisbeere. 910 Rubel. Geht alles klar, das Kartenlesegerät nimmt meine Kreditkarte mit der Geheimnummer, so wie ich es von der EC-Karte gewohnt bin.




910 Rubel sind 10,40 Euro. Flughafenpreise.


Reise-Panik

Leute, letzte Woche hättet ihr nichts mit mir anfangen können. Ich war fest im Griff von Reise-Panik. Warum?


Heute, Freitag, sitze ich auf dem Flughafen in Frankfurt und warte auf den Flug nach Moskau. 


14.7., Mittwoch morgen, also vorgestern, war mein Visum noch nicht da. Laut Visastelle bereits seit dem 7. Juli in der Post. Nervenzermürbend. Mein PCR-Test liegt am nächsten Tag, also Donnerstag morgen, auch nicht vor. Lufthansa will mich online nicht einchecken, stürzt immer ab. Ich fahre los, ohne irgendwas ausgedruckt zu haben, der Reisepass mit dem Visum war zum Glück Mittwoch mittags in der Post. 


Auf Arbeit türmt sich alles auf. Ich weiß nicht, was ich zuerst machen soll. Zumal die Diskussion zu sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz mich emotional richtig mitnimmt. Das beruhigt meine Nerven auch nicht. Aber darüber im September mehr. 


Doch Stück um Stück klärt sich alles. Die liebe Frau Langenstrass, Klassenkameradin einer meiner besten Freundinnen mit ihrem mobilen Reisebüro, bucht die Flüge hin und her, als Lufthansa mal eben den Rückflug cancelt, bucht mir ein Flughafenhotel in Frankfurt, als klar wird, dass mir in meiner Reise-Panik die Flüge Berlin-Frankfurt-Moskau-Ulan-Ude zu knapp sind mit entspanntem Umsteigen auf diesen riesigen, unbekannten Flughäfen. Anderthalb Jahre nicht Fliegen, entwöhnt sein vom Reisen macht auch ein kleines bisschen Reise-Panik. Doch Reisen ist bei mir wie Fahrrad fahren, stelle ich fest, während ich jetzt unterwegs bin. Ich komme schnell wieder rein. Zumal ich durch den Luxus mit dem Frau Langenstrass mich verwöhnt, zu später Stunde um 22 Uhr einen Bahnhoftransfer zum Hotel und morgens zu früher Stunde um 5.30 Uhr einen Flughafentransfer vom Hotel inklusive habe. Und auch das Lunchpaket ist mitgebucht. Das Hotel druckt meinen Laborbericht aus, ebenso die Boarding-Karte von Moskau nach Ulan Ude. Der Lufthansa Check-in gelingt im dritten Anlauf im WLAN des Hotels.  Wird doch. 


Jetzt habe ich erstmal sieben Wochen frei. Und fliege auf Schamanenreise für drei Wochen an den Baikalsee. Dann bin ich 10 Tage zu Hause, leite in meinen beiden Jahreskreisgruppen das Ritual zu Schnitterin/Kräuterweih und fahre dann ins Tessin zur Visionssuche. Das Leben ist lebendig und schön. 






Vor Corona ist nach Corona

 



Nach Corona ist wie vor Corona. Wir knüpfen da wieder an, wo wir durch Corona aufhören mussten. Gemeinsame Frühstücke zu fünft und zu sechst, Besuch bei Leute,  die ich trotz Beschränkungen im letzten Jahr kennen gelernt habe, mit Leuten, die ich schon länger kenne.  Überhaupt neue Leute treffen. 

Überhaupt wieder raus, Konzerte, Theater, Essen gehen. 


Schrebergarten in Andershof bei naturnahe offene Gärten 

Gartenernte: Mieze Schindler-Erdbeeren, weiße Johannisbeeren und Felsenbirnen



Transition Town in der grünen Farm in Knieper West 

VDU-Unternehmerinnentreffen im Doldenmädel

Mondscheinabsacker am Alten Markt 


Bluesrausch-Konzert im Goldenen Anker 








Der Himmel über Berlin

Eigentlich wollte ich nach Gran Canaria bzw. Teneriffa. Eine meiner Ziehtöchter ist dort im Erasmus-Austausch. Eigentlich wollte ich zu ihr auf die Kanaren. Und wie das so ist mit eigentlich. Nachdem wir recherchiert hatten, was Flüge zur Zeit kosten, und an welchen Tagen überhaupt nur Flieger gehen, da war klar: für ein (verlängertes) Wochenende ist das viel zu viel teuer. Also umgeswitcht. Denn das Feeling von wegfahren, unterwegs sein, war mit der Recherche so stark geworden, dass wir dieses Wochenende auf jeden Fall unterwegs sein wollten. 


Also auf nach Berlin. Meinen Bruder und seine Familie habe ich seit Corona nicht mehr gesehen. Speziell meine Nichten und meinen Neffen auch nicht. Kinder wachsen wie Gras, einfach immer, egal ob du hinguckst oder nicht. Die Mittlere wird diesen Sommer eingeschult. Anderthalb Jahre nicht sehen, ist einfach zu lang.


Deshalb machen wir ein gemütliches Wochenende en famille in Berlin. 

Abhängen im Garten, quatschen mit meiner Schwägerin und meinem Bruder, den Kindern beim Toben zugucken. Kind 2 ist mitgekommen. Treffen mit meinem Patenkind in Potsdam. Der Himmel über Berlin behütet einige meiner Liebsten. 


Shoppen bei humana und camp 4, ein lila Abendkleid aus Seide und einen neuen Schlafsack mit Wohlfühltemperatur bis -12 Grad. Ich habe große Pläne diesen Sommer. 


Eigentlich wollten wir auch ins Museum Barberini. Doch die online-Karten waren schneller ausverkauft als ich buchen konnte. Also hängen wir im Park ab, flechten unsere Haare und lassen es uns gut gehen. 


Der Himmel über Berlin 





Cocktails sippen am Wasser mit Kind 2 und ihren Leuten 


Und nochmal der Himmel über Berlin