Freitag, 31. August 2018

Unter grünen Segeln auf die grüne Insel

Törn 136.18 Harlingen - Dublin, 05.08.-18.08.2018
Segeln mit der Alexander von Humboldt II. Klar war ich als Verwalterin, als Purser an Bord, habe viel in meinem kleinen Büro unter Deck gesessen und gearbeitet. Schließlich bin ich Hand für Koje mitgefahren.


Dennoch habe ich jeden Tag Pausen gemacht, an Deck gesessen, auf dem Achterdeck, auf dem Hauptdeck. Habe ins Meer geschaut, Sonnenaufgänge und Sonnenuntergänge auf See erlebt. Delfine und Robben beobachtet, die ihrerseits uns, das Schiff, die Crew, mich beobachtet haben. Habe den grünen Segeln zugeschaut, zugehört, wie sie uns über das Meer getragen haben. Über die Meere.








Von Harlingen bei auflaufender Flut gemeinsam mit den anderen Großseglern durch das Wattenmeer, zwischen Terschelling und Vlieland hinaus auf die offene Nordsee fahren, durch den Kanal zwischen England und Frankreich schippern.



White Cliffs of Dover, morgens aufstehen, und sie im Morgenlicht bewundern. Segeln, kreuzen von der Südküste Englands zur Nordküste Frankreichs, von der Isle of Whigt nach Guernsey, herum um Landsend. Die Scilly Islands erkunden, weiter segeln in die Keltische See, die schon spürbar Teil des Atlantiks ist. Durch die Irische See, entlang der Westküste Irlands. Ich habe ganz neue Gebiete Europas erkundet. In gutem und in schlechtem Wetter.



Segeln mit dem Rest der Crew. Kluge Gespräche in meinem Büro, auf dem Achterdeck, dem Hauptdeck, in der Wachmesse ebenso wie in der Hauptmesse oder im Roten Salon, im Kartenhaus. Der begrenzte Raum gibt Raum für unbegrenzte Gespräche. Der liebe Gott ist auch in den schönen Augenblicken des Lebens dabei.


Sonnenaufgang vor Dublin, einfahren in die Bucht von Dublin, in den Hafen von Dublin. Frage des Hafenkapitäns, ob wir mit mehr Speed fahren können. Klar können wir das, aber es hat viel mehr Spaß gemacht, unter Segeln übers Meer zu fliegen oder auch zu schleichen. Und ganz viel zu erleben: Tagesberichte im Logbuch der Alex (mit einem großen Dank an Ricarda, die sie geschrieben hat):
5.-6.08.2018
07.08.2018
09.08.2018
10.08.2018
12.08.2018
13.08.2018
14.08.2018
15.08.2018
16.08.2018
17.08.2018


Sonntag, 26. August 2018

Scilly Islands

Ich dachte immer, Grossbritannien ist in Wales mit Landsend zuende. Aber nein, ein kleiner Haufen Inseln westlich davon ignoriert dieses Wissen. Die Scilly Islands nämlich befinden sich ca. 45 km westlich vom britischen Festland. Sie liegen windumtost schon fast im Atlantik. 140 Inseln und Inselchen, nur fünf davon ständig bewohnt, summasummarum 2.200 Einwohner. Das ist so viel wie Velgast. Doch da hier das nächste Oberzentrum nur per Schiff oder Helikopter/ Kleinflugzeug erreichbar ist, hat die Hauptinsel St. Marys ein kleines Hospital mit drei Ärzten und acht Krankenschwestern. Das kann sich gar nicht rechnen. Wie überhaupt die Atmosphäre wie aus der Welt gefallen scheint. Alles ruhig und beschaulich. Kaum Autos, mehr Golfcarts, viele Fahrräder und eine Menge Wanderwege. Doch am häufigsten sind Boote. In allen Formen, Farben und Größen. Ebbe und Flut sind hier so stark, dass auch kleinere Boote in der Hafenbucht auf Reede liegen.





Einen Abend lang spaziere ich durch den Hauptort, erfreue mich an den knuffigen Häusern, den wunderschönen Ausblicken aufs Meer und die umliegenden Inseln.





Und versacke zu guter Letzt mit einem Teil der Crew in der Hafenkneipe namens Meermaid, direkt an unserem Abholpier.


Das wahre Highlight für mich bildet jedoch die Natur auf den Inseln. Da sie mitten im Golfstrom liegen, wachsen hier subtropische Pflanzen im Freien. Was ich also aus den diversen Subtropen-Gewächshausern der botanischen Gärten kenne, wächst und gedeiht hier draussen unter freiem Himmel. Und so schlendere ich an meinem freien Tag über die Insel Tresco, besuche den "Tresco Abbey Garden" und bestaune Palmen, Sukkulenten, erkenne Pflanzen aus Südafrika und den Kanaren wieder. Schwelge in Erinnerungen und Pflanzenbildern.




Die Papageientaucher, die es auf den äusseren Inseln geben soll, sehe ich leider nicht. Wie überhaupt die Vogelwelt hier besonders sein soll. Doch das muss auf einen anderen Besuch warten.
Sollte ich je auswandern wollen, dann würde ich mir ein Fleckchen Erde wie die Scilly Islands aussuchen. Die Atmosphäre, die Natur, die Nähe zum Meer, all das beglückt mich zutiefst.


Gin testing

Hier auf den Scillys gibt es eine ausgeprägte Gin-Kultur. Im Bishop and Wolf fragt mich die Bedienung nicht nur, welche der sieben vorrätigen Gin-Sorten ich trinken will, sondern auch welche der drei Tonic-Sorten.


Auch in der Mermaid kann ich untet den verschiedensten Gin-Sorten wählen. Das Fish and Chips ist allerdings eher traditionell in einem Bierteig gebacken.



Auch in Dublin teste ich die einheimischen Ginsorten.


Der eine schmeckt mehr nach Wacholder, der nächste nach Johannisbeeren. und einer sogar nach Anis. Bis auf letzteren, alle mjamjamjam. Und auch die verschiedenen Tonic-Sorten, mjamjamjam. Nur das rosafarbene mit Himberrgeschmack, das ist nur so naja.

Langsam teste ich mich durch die (Hafen-)Städte dieser Welt mit ihren verschiedenen Gins.

Montag, 20. August 2018

Dublin

Einer der Gründe, warum ich gerade diese Reise auf der Alex gebucht habe, war auch der Zielort Dublin. Ich war noch nie in Dublin, es ist eine europäische Hauptstadt, die mir noch in meiner Sammlung fehlt(e). Und es gibt dort das Book of Kells. Eine Bibelhandschrift, ein Buch aus dem 8./9. Jahrhundert. Manchmal kommt die Archäologin mit ihren Interessen noch durch. Und so hatte ich mir ein Studentenzimmer im Trinity College in Dublin gemietet, direkt neben der Ausstellung bzw. neben der (Universitäts-)Bibliothek, in der das Book of Kells aufbewahrt wird. Die Ausstellung ist richtig klasse. Ganz viel Hintergrundinformationen, wie aufwendig es war, ein solches Buch herzustellen, wieviele Leute als Schreiber und als Miniaturmaler beteiligt waren. Und die ganzen benötigten Ressourcen. Häute von 185 Kälbern, Farben aus bestimmten Erden, zermahlenen Edelsteinen, aber auch ziemlich giftigen Zutaten wie grün aus korrodierter Bronze. Und dann diese Fingerfertigkeit. Manche Bilder und Seiten des Book of Kells sind auf Leinwandgrösse hochgezogen ausgestellt. Die geometrischen Muster, die für die Zeit typischen Flechtmuster wirken auch in dieser Vergrößerung noch filigran. Es gibt noch zwei weitere Bücher aus der Zeit, die ebenfalls sehr kunstvoll sind. Ich komme vor lauter Lesen fasst nicht mehr raus aus der Ausstellung.  Doch das zweite Highlight wartet am Ende. The Longhall of the Old Library. Ich kann nur staunen, so schön sieht diese Bücherei aus.



Das Trinity College ist das irische Äquivalent zu Oxford und Cambridge, gegründet von Elisabeth I. herself. Nichtsdestotrotz werden im Sommer die Studentenbuden in diesen ehrwürdigen Mauern an Touristen vermietet. Der Campus ist abends und nachts ganz ruhig. Die Stille wird nur durch die Musik des angrenzende Kneipenviertels Temple Bar aufgelöst. Was uns Alex-Fahrer nicht wirklich stört, da wir zwei Tage äh Abende durch dieses Viertel ziehen, von Live Musik zu Live Musik, von Guiness (die anderen) zu Gin Tonic (ich) und Irish Coffee (wir alle).



Klar habe ich mir noch mehr in Dublin angeuckt. St. Stephens Green, Denkmäler, Häuser, Palastbauten, Läden, Brücken, den Fluss Liffey. Aber die Musik und die Atmosphäre in den Kneipen, sowie die Integration von altehrwürdig und modern im Trinity College, das hat mich am meisten beeindruckt.



Heimfahrt mit Hindernissen

Nach wunderschönen Tagen auf See und genauso wunderschönen Tagen in Dublin geht es nun wieder nach Hause. Um 10 Uhr müssen wir unser Zimmer räumen, um 14.25 Uhr geht der Flieger nach Berlin. Da auch bei Reisen der Verlauf oft vom Anfang bestimmt wird, achte ich darauf, dass genug Zeitpuffer ist, dass es gemütlich voran geht. Aber da habe ich anscheinend zuviel Leine gegeben.

Raus aus der Tür beim Trinity College winke ich den vorbeifahrenden Taxis. Und tatsächlich, es funktioniert wie im Kino. Das Taxi fährt rechts ran, äh links ran. Dieser Linksverkehr lässt mich immer die schlimmsten Gefahren im Strassenverkehr vermuten. Der Taxifahrer textet uns zu über das "Final for Hurlington". An diesem Sonntag Nachmittag ist das Endspiel im irischen Sport Hurlington. Er versucht uns die Regeln zu erklären. Wir nicken alle, doch keiner von uns hat auch nur irgendwie einen Schimmer, wie das Spiel geht. Nur dass es Limerick gegen Galway geht. Und das erklärt die Fanfarben, die wir am Abend vorher in den Pubs gesehen haben.
Am Flughafen angekommen, sind wir so früh, dass ich mein Gepäck noch gar nicht aufgeben kann. Erst drei Stunden vor Abflug ist das möglich. Und so warte ich noch geduldig die fehlenden 10 Minuten. Und die anderen mit mir. Ich bin die erste, die startet. Ich bin völlig entspannt. Zum einen liegt ein wunderschöner Urlaub hinter mir, zum anderen bin ich so rechtzeitig am Flughafen, dass ich genug Zeit habe. Für 1 Euro habe ich meinen Rucksack gewogen. Ich habe die schweren Wanderschuhe an, die Frage ist, ob ich auch die schwere Segeljacke anziehen muss. Doch Glück gehabt, die Jacke kann im Rucksack bleiben. 18,6 kg sagt die Waage, unter meinen zugebuchten 20 kg. Ryan Air ist da pingelig. Durch die Zubuchung habe ich ein flexi plus Ticket, also überall schnell einchecken und vorgehen. Nur dass mir all das nichts mehr nutzt, nachdem ich die Sicherheitsschleuse durchschritten habe. Ryan Air mährt sich ewig nicht aus, zu welchem Gate ich soll. Also warte ich zentral und löse mit einer Malaysierin und einer Slowenin am Tablett englische Scrabble-Übungen. Mal weiss ich was, mal muss eine der beiden anderen mir ein Wort erklären, einmal müssen wir sogar google fragen. Und einmal komme ich auf das letzte Wort, das noch fehlt. Auf diese Art verfliegt die Wartezeit. Doch dann wird es zäh.
The flight is delayed. Der Flug hat Verspätung. Und diese eine Stunde begleitet mich nach Hause. In Berlin hatte ich mir zum Glück mehrere Züge rausgesucht und schon irgendwie geahnt, dass ich nur den vorletzten nach Stralsund kriegen würde. Und so war es denn auch. Nur - damit wäre ich um 24 Uhr zuhause gewesen, der Zeit, die ich Kind 2 durchgegeben habe. Aber Pustekuchen. Kurz vor Berlin-Lichtenberg bleibt der Zug stehen. Wir haben keinen Strom, sagt die Durchsage des Schaffners. Für mich eine kniffelige Situation. Bei meinem Handy ist der Akku schon wieder fast leer, es hängt in der Zugsteckdose. Wenn es jetzt nicht auflädt, ohweh. Ich sage also Kind 2 Bescheid, informiere eine gute Freundin, Franka, mit der ich schon Bilder und Geschichten über die Alex ausgetauscht habe, dass ich gleich offline bin, telefoniere noch ein paar Minuten. Und schwupps, ist das Handy aus. Die Bahn löst das Transportproblem, indem wir nach Lichtenberg geschoben werden und in einen neuen Zug umsteigen. Doch der hat keine Steckdosen. Je nun, ist halt so. Ich bin in meiner entspannten Urlaubsstimmung, schnacke mit der Tiermedizin-Doktorandin aus Zagreb, die nach Greifswald zum Friedrich-Löffler-Institut will. Und komme kurz vor eins in Stralsund an. Dort warten gleich zwei Menschen auf mich. Sowohl Kind 2 als auch Franka haben sich unabhängig voneinander überlegt, dass nachts um eins in Stralsund das mit den Taxis knapp ist. Und ich kein Handy habe, um eines zu rufen. Tatsächlich steht kein Taxi vorm Bahnhof. Und so freue ich mich von ganzem Herzen über die liebevolle Fürsorge der beiden und falle kurz vor halb zwei nach über 14 Tagen auf schwankenden Planken wieder in mein eigenes Bett.

Mittwoch, 15. August 2018

Hafentag

Hört sich gut an, Hafentag. Macht aber der Verwalterin eine Menge Arbeit. Erstmal sind Einklarierungsunterlagen gefragt. Crewlist, Gangwayliste, Ankerwacheliste, Formular entwickeln für Bootsshuttle (wir liegen in St. Marys auf den Scilly Islands nämlich in der Bucht vor dem Hafen vor Anker auf Reede, und müssen immer mit dem Schlauchboot an Land).




Doch der richtige Spaß fängt erst mit dem Landgang an. Die Kombüse braucht Nachschub, die Motoren für die Beiboote brauchen Diesel, der Hafenmeister muss bezahlt werden und die Scilly Islands gehören zu Grossbritannien. Ich muss also auch Geld tauschen. Und so mache ich eins nach dem anderen. Die schnuckelige kleine Bank wechselt nur Geld für Leute, die ein Konto bei ihr haben. Die freundliche Schaltermitarbeiterin verweist mich auf das Postoffice around the corner. Das ist noch schnuckeliger, und kombiniert mit dem Tourist Office. Ich tausche also einen Haufen Geld um, kaufe mir noch zwei Wilde-Kost-Kochbücher und treffe mich mit einem Teil der Crew im örtlichen Supermärktchen. Dort fahren wir den Rollgriff aus: 20 Pakete Toastbrot, 10 Pakete Graubrot, 20 Liter Milch, etwas Kuchen, 10 kg Möhren. Die Milch gibt es in Gallonen, ein Gruß vom englischen Mess-System.  Nichtsdestotrotz ist ganz EU-konform bei jedem Preisschild die Bezugsgröße in kg oder Liter angegeben. Who the hell is brexit.


Der Hafenmeister schnackt mit mir auf Englisch, über den Hafen, die Scilly Islands, his Job. Ich habe nämlich einen kleinen joke gerissen und ziemlich ins Schwarze getroffen. Er macht wirklich so ziemlich alles alleine, toilet cleaning included.

Die Tankstelle für den Diesel ist mein persönliches Highlight an diesem Morgen. Zwar verkauft der Tankwart keine Gummitierchen und keine Schokolade wie eine Landtankstelle, aber der Benzinschlauch geht die Pier hinunter bis in unser Boot, so dass wir die Kanister im Boot betanken können. Full Service bei einem Preis von 1,74 GBP für einen Liter Diesel, 1,95 €.



Und nach der Erledigung aller dieser Dinge habe ich Freiwache!!! Bis 16 Uhr. Dann wartet die Vorbereitung für das Captains Dinner auf mich.










Dienstag, 14. August 2018

Wind und Wellen bestimmen den Weg

In alten Büchern steht manchmal, dass die Überfahrt von Frankreich nach England so schwierig ist, man tagelang warten muss. In Zeiten heutiger Fähren konnte ich mir das nie so recht vorstellen. Doch jetzt, wo wir eine gute Woche mit der Alexander von Humboldt 2 versucht haben gegen den Wind nach Westen zu segeln, erschliesst sich mir die Dimension dieser alten Berichte so wirklich. Direkt gegen den Wind zu segeln geht nun mal nicht. Hart am Wind oder hoch am Wind, so dass die Richtung naja ungefähr stimmt, das geht schon.  Aber dann kommt die Strömung dazu. Und die ist im Kanal auch nicht ohne. Sie schiebt uns mal nach Osten, mal nach Westen. Alles zusammen haben wir die letzten Tage ein Herz auf die Karte gefahren.

Montag, 13. August 2018

Captains Dinner

Auf jeder Alex-Tour gibt es als Höhepunkt ein Captains Dinner. Vier Gänge-Menue, Wein (den es sonst nicht gibt an Bord), jede Menge künstlerische und sonstige Darbietungen. Die drei Wachen überbieten sich gegenseitig. Ein Rap, ein selbst komponiertes Lied, ein Sketch, wie die grünen (Putzlappen)Segel am besten aufgezogen werden. Und immer wieder eine 7-3-1 für alle Mitglieder unserer Segelgemeinschaft. Ein feuchtfröhlicher Abend, der uns allen lange in Erinnerung bleibt.


Auf hoher See hats kein Internet

Auf hoher See funktioniert kein normales Internet, kein Whatsapp, kein Handy. Das Schiff, wir, und das Meer. Dabei - fast 55 Personen sind auf diesem Törn auf der Alex. Ein kleines schwimmendes Hotel und vorrangig ein Segel-Schulschiff. Sail Training Vessel gebe ich immer beim Ein- und Ausklarieren an. Denn ich erfülle als Verwalterin all die Aufgaben einer Hotelfachfrau plus die seemännischen Anforderungen. Und da kommt ganz schön was zusammen. Was mich amüsiert: manche Aufgaben habe ich seit meiner Lehre als Hotelfachfrau nicht mehr gemacht. Proviantlieferung mit Lieferschein abhaken, Bestelllisten ausfüllen, Speisekarten fürs Captain-Dinner schreiben. Andere Aufgaben fordern mich dagegen sehr. Mit dem Bordhandy nach internationalem Funkeralphabet auf Englisch die E-Mail- Adresse der Harbour Watch aufschreiben, per Mail auf Englisch die Preise fürs Wäsche waschen mit dem Schiffsagenten in Dublin verhandeln. Die grösste Herausforderung und gleichzeitig das grösste Vergnügen ist für mich das Programm "NavigatorPort". Weil - wenn es klappt, sind es drei Clicks und die Crewliste, die Gangwayliste, die Liste Last 10 Port of calls und was auch immer eine Hafenbehörde sehen will, kein Problem, voila hier ist es. Ausgedruckt oder per PDF als Mail, no problem. Und wenn es nicht klappt? Dann fluche ich wie ein alter Seebär, und fange von vorne an.

Solange wir auf See sind, läuft alles per Mail über Inmarsat, höllisch teuer, aber effektiv, da wir dadurch immer irgendwie erreichbar sind.  Zweimal am Tag Mails abrufen langt völlig. Sobald wir uns dem Land nähern, steigt alles um auf Handy. Und die Whatsapp-Nachrichten der letzten fünf Tage stürzen sintflutartig auf mich ein.

Montag, 6. August 2018

Hand für Koje

Leute, bin ich aufgeregt. Mein dritter Törn auf der Alex und ich fahre wirklich als richtige Verwalterin mit. Eigentlich wollte ich als Verwalter-Anwärterin mitfahren. Doch von den langjährigen Verwalter*innen konnte keine zu diesem Zeitpunkt. Nun bin ich also die vollgültige Verwalterin statt endlich mal der Lehrling. Mal wieder ins kalte Wasser geworfen.

Törn 13618 von Harlingen nach Dublin, von Holland nach Irland. Der anvisierte Reiseverlauf: Raus auf die Nordsee, je nach Wind schnell oder langsam Richtung Kanal. Das enge Nadelöhr zwischen Dover und Calais wollen wir möglichst im Hellen passieren. In der Gegend ist Verkehrstrennungsgebiet, so was wie eine Autobahn mit getrennten Fahrspuren auf dem Wasser. Tanker, Containerfrachter, Fähren, alle grösser wie wir, auch wenn die Alex nicht gerade klein ist. Weiter durch den Kanal in Nähe der englischen Küste. Der Kapitän hat etwas gemurmelt von Ankern in einer stillen Bucht. Cornwall, Silly Island, alles ist möglich. Vielleicht auch Cork, mal sehen.

Hand für Koje bedeutet, dass ich für meinen Platz an Bord arbeite. Ich bin Purser, also rechte Hand des Kapitäns. Ich habe die Kojen- und Wachpläne erstellt, über NavigatorPort die Crewliste PDF fähig gemacht und alle Dokumente fürs Ausklarieren in Harlingen erstellt. Zwei übervolle Arbeitstage liegen hinter mir. Doch jetzt sind wir auf See, ich sitze auf dem Vorderdeck, und geniesse die Aussicht. Um mich herum werden Segel gesetzt, ab jetzt läuft der normale Schicht- äh Wachbetrieb auf dem Schiff.


Sonntag, 5. August 2018

Gutschein zum Geburtstag

Was schenkt frau am Besten zum 50. Geburtstag. Eigentlich haben wir alle alles was wir zum Leben brauchen. In den Wohnungen steht genug rum, was selten oder nie genutzt wird. Insofern schenke ich gerne, was sich verbraucht: besondere Lebensmittel, Kerzen, Gartenblumen, Bastelzeugs. Doch zum 50.sten Geburtstag sollte es schon was Besonderes sein. Und so haben wir uns überlegt, einer Freundin zum 50. Geburtstag einen Gutschein für einen Ausflug zum Strand zu schenken. Nun neigen Gutscheine ja dazu, nicht eingelöst zu werden. Wir hatten also gleich einen Termin 10 Tage später vereinbart.

Nun sollte es nicht irgendein Strand sein, sondern Zingst, Aufgang 19. Der mit der Gulaschkanone und FKK. Wenn schon, denn schon.

Und so haben wir den roten Teppich ausgerollt, fürstlich gespiesen und natürlich auch in der Ostsee gebadet. Ein grandioser Tag. Ein zweites Feiern einer tollen Frau.






Check in bij

Ich liebe Europa. Zum einen, weil es inzwischen ein großer gemeinsamer Raum ist, in dem ich fast ohne Grenz(kontroll)en reisen kann, meistens mit dem gleichen Geld bezahlen kann, mich frei und sicher bewegen kann. Mich frei und sicher fühle, weil für die Leute in der EU, für uns, für mich, ungefähr die gleichen Rechte und Regeln gelten. Und hier greift zum anderen. Trotz dieser Entscheidung zu gemeinsamen Regeln ist jedes Land so unterschiedlich. Ein Blick in eine Stadt, und man kann baulich ungefähr zuordnen, wo in Europa man sich befindet.



Auch die vielen kleinen Details, die einen Staat unterscheiden, sind sichtbar, sind erkennbar im Alltag.
Heute: Eisenbahn fahren.
Schon gestern ist es mir aufgefallen auf der Fahrt von Groningen nach Harlingen. Beim Umsteigen in Leuwarden habe ich im abgetrennten Bereich für die Durchreisenden zu bleiben. Abgeteilt mit Milchglasscheiben kann ich die Bahnhofshalle sehen, habe aber keinen Zugang. Was mich Kaffeejunkie vor eine Herausforderung stellt, die nur mit Kommunikation zu lösen ist. Kaffee gibt es nämlich nur in der Bahnhofshalle. Zwei holländische Frauen passen am Bahnsteig auf meinen Rucksack auf, der Aufpasser an der Schranke lässt mich rein und raus.
Ganz ungewohntes Feeling auf einem Bahnhof. Das System erinnert mich mehr an Flughäfen. 





Und der freie Zugang zum Internet unterstützt den Eindruck.