Samstag, 14. November 2020

Besuch in der alten (zweiten) Heimat

Mit Heimat ist das für mich so eine Sache. Ich habe als Kind nie lange an einem Ort gelebt. Sondern im Laufe meines Lebens verschiedene Regionen als Heimat angenommen. Linker Niederrhein, wo meine Vorfahren herkommen und ich Abitur gemacht habe, Vorpommern, Friedrichshof mit Karnin und Velgast, wo ich lange gelebt habe und meine Kinder groß gezogen habe, jetzt Stralsund. Viele andere Regionen, wo ich nur ein paar Monate gelebt habe. Ich bin nicht tief verwurzelt irgendwo. 

Insofern kann ich Alice Merton mit ihrem Lied "No roots" so supergut verstehen, sie spricht mir aus dem Herzen. Nur an einer Stelle kann ich ihr nicht 100 % zustimmen, sondern nur 50 %. "Its just the place that changes, the rest is still the same." Das stimmt nur zum Teil. Ja, der Ort, die Landschaft verändert sich, ja, die Muster, wie Menschen leben, sind sich überall ähnlich. Aber - die Menschen selbst, die sind individuell, besonders, immer wieder neu und anders.



Ich bin das Wochenende über in Schleswig-Holstein. Knapp fünf Jahre habe ich hier im Norden gewohnt, studiert, meinen späteren Mann gefunden, ausgegraben in der Pampa, "gelebt, geliebt, gelacht". Kind 1 hat in Schleswig-Holstein ihre Lehre zur Landwirtin gemacht, eine meiner besten Freundin lebt dort, eine andere kommt von dort. Ich bin auch nach über 25 Jahren Fortsein noch eng verbunden mit dem Land. Merke ich, wo ich jetzt hier bin. Nördlich der Schlei, wo ich mich eigentlich nicht so gut auskenne. Doch die flachen Wiesen, die Knicks, der hohe Himmel, sogar der für die Jahreszeit typische Nebel holen die Erinnerungen hoch. Denn da hat Alice Merton recht: "I've got memories."

Doch mit jedem Besuch, mit jedem Erlebnis schaffe ich neue Erinnerungen. Und finde materielle Anker. Auch da hat Alice Merton recht. Jedoch - ich packe meine Erinnerungen nicht "in boxes", nicht in Umzugskartons, ich nutze sie. 

Ich liebe Kunsthandwerk. So ist es mir eine Freude, einer Freundin beim Umzug zu helfen und gleichzeitig bei ihrer Mutter in der Handweberei vorbeizuschauen und den Schnitt einer neuen Jacke für mich durchzudiskutieren. Kathrin Schoppmeier hat ihre Weberei schon fast 30 Jahre, liebt die Farben des Regenbogens, liebt Wolle, Seide, Baumwolle und macht daraus himmlische Textilien. Ich habe zwar schon alles, aber bei so schönen Dingen werde ich weich. Der Stoff für meine neue Jacke ist schon fertig. Bald habe ich wieder eine schöne Erinnerung mehr an meine zweite Heimat. 


Mein Handy gibt die Farbe so wieder 

Kathrins Handy ist farbechter


Selbst die Spüllappen sind handgewebt

Sonntag, 8. November 2020

Ich bin Oma geworden

Fast jede*r, der/die mich länger kennt, weiß, dass ich eine Cat Lady bin. Ich hatte meine erste Katze Mohrle, als ich erst 10 Jahre war, und seitdem hat mich immer mindestens eine Katze im Leben begleitet, wenn meine Wohnsituation es zuließ. 

Mein Kater Flocke

Mit Hunden habe ich kaum Erfahrungen, und so war ich sehr überrascht, als Kind 1 mich um Rat fragte, ob sie sich einen Hund holen soll. Nun habe ich sie oft genug beobachtet, wie sie die größten Hunderabauken auf Linie gebracht hat. Ich habe gesehen, welchen Spaß sie als Wochenendhüterin diverser Hunde mit stundenlangen Spaziergängen hatte, wie sie sich engagiert und einfühlsam gekümmert hat. Also war es mir ein leichtes ihr zuzuraten. Und somit bin ich seit Mittwoch Oma eines kleinen Jack Russell-Welpen namens Wilma. 

Wie man bzw. frau das als Oma so macht. Ich spiele und knuddele mit Wilma, und sobald sie fiept oder schlafen will, ab zu Mama, die kümmert sich dann. Die Chance für mich, mein latentes Unbehagen gegenüber Hunden zu beenden, da es vor allem auf meinem Unwissen im Umgang beruht.

Wilma ist so so süß ❤.





Samstag, 7. November 2020

Der wilde Bernd

Meine Schulfreundin Doris kommt zu Besuch. Letztes Jahr um diese Zeit haben wir uns schon pi mal Daumen für dieses Wochenende verabredet. So wie sich das Jahr gestaltet hat, bei ihr, bei mir, weltweit, habe ich nicht erwartet, dass etwas draus wird. Aber HA, Pustekuchen. Wir lassen uns doch von sowas wie Corona und anderen Chaosproduzenten nicht von unserem Treffen abhalten. Ein Jahr haben wir uns nicht gesehen, doch es ist wie immer: wenn man seit der 5. Klasse miteinander  befreundet ist, und zwischendurch telefoniert, dann merkt man die räumliche Trennung nicht. Bereits im Auto vom Bahnhof zur Hochschule schnattern wir wie immer.

Denn das ist dieses Mal anders, neben dem üblichen Besuchsprogramm wie Stadtrundgang und Strandbesuch muss ich ganz viele, normale, alltägliche Dinge erledigen, bei denen sie einfach mitkommt. So hört sie meinen Vortrag für die Erstsemester zu Jobbörse, Praktika und Dualem Studium, geht mit mir in der Mensa essen. Sie räumt den Bauwagen mit mir aus, damit er winterfest ist. Die Karten fürs Ballett waren schon bestellt, zum Glück ließ sich noch eine Karte nachordern.

Andere Dinge sind nicht so leicht zu klären: Die Situation mit meinem Mitbewohner eskaliert, zum einen weil er sich an meinen Alkoholvorräten vergriffen hat, zum anderen weil er meine Freundin genauso zuschwallt wie mich, nur ist sie noch ungeduldiger als ich. Immerhin sehen und hören wir ihn das restliche Wochenende nicht.

Freitags gehen wir im Wald Pilze und Fichtenharz sammeln (geplant), im Nieselregen (ungeplant). Martinsmarkt und Flohmarkt am Sonntag fallen coronabedingt aus. Das Alternativprogramm mit quatschen, Kaffee trinken, Spaziergang durch den Putbuser Park lässt sich aber auch sehen und genießen.  

                                          

Borgwallsee im Nieselregen


Der Laubfrosch verwandelt sich einfach nicht in einen Prinzen ....


Korallenpilz, schön anzusehen, aber völlig unklar, ob es die giftige oder die essbare Variante ist. Also stehen lassen !



Im Theater, Dank an die Fotografin 😀🙏.


Überhaupt ist viel Zeit an diesem Wochenende für quatschen, lachen, ein wenig weinen, ganz viel Austausch. Neue Infos, alte Geschichten, sich auch noch nach so vielen Jahren nahe sein.

Was ein intensives Wochenende! Wir sind über die Jahre vielfältiger und viel faltiger geworden und das feiern wir. 

Der wilde Bernd? So heißt der Käse, den wir im Bioladen kaufen. Wenn schon ein Käse wild sein kann, wie wild sind wir dann? Und lasst euch sagen, es macht Spaß wild zu sein, freundlich, ungezähmt, frei, einfach miteinander wir selbst zu sein. Danke, Doris, dass das mit dir möglich ist.