Sonntag, 28. Juni 2020

Voodoo

Afrika ist mir fremd. Das stelle ich jedesmal fest, wenn ich im Museum bin, sei es ein Ethnologisches oder ein Kunstmuseum. Ich bin dabei, mir Wissen anzueignen, weil es in meinem Umfeld Leute gibt, die sich dafür aber sehr interessieren. Von daher ist es sonnenklar, wenn ich schon in Hildesheim bin, gucke ich mir auch die Voodoo-Ausstellung im Römer-Pelizäus-Museum an. Dank Corona ist sie verlängert bin zum September.




Über Voodoo weiß ich nicht viel, ausser Zombies, Voodoopuppen und was in dem Disney-Film "Küss den Frosch" vorkommt. Und so überrascht mich die Ausstellung in ihrer Vielfalt der verschiedenen Strömungen der Voodoo-Religion. Sie verstört mich in der klaren Benennung des Sklavenhandels im 17. und 18. Jahrhundert als Hintergrund für die Verbreitung und die Entwicklung. Klar weiß ich darum. Aber Sklavenfesseln, Lederpeitschen und ähnliches Sachgut des Sklavenhandels, die klare Benennung und Darstellung, macht die Unmenschlichkeit plastischer bis hin zur schweren Erträglichkeit.


Das wird noch verstärkt durch weitere Ausstellungen im Römer-Pelizäus-Museum. Unser Afrika inszeniert bildschöne Fotografien mit Originaltexten von Kolonialisten aus Südwest-Afrika, eine weitere kleine Ausstellung zeigt die Trachtveränderungen von Herero-Frauen und -Mädchen durch Kolonialismus und Missionare. Heavy. Gerade das schwarze Ausstellungsplakat fühlt sich für mich durch das auf Facebook gepostete schwarze Bild im Zusammenhang mit den Rassismus-Vorwürfen und Solidarisierungen ganz gruselig an.



Die letztgenannten beiden Ausstellungen haben aber nichts mit der Voodoo-Ausstellung zu tun, ausser dass sie sich auf den Kontinent Afrika beziehen. Das, was über die Voodoo-Religion selbst zu sehen ist, was zu lesen ist, zeigt mir eine farbenfrohe, fröhliche, lebenszugewandte Religion, mit einen Obergott und vielen Nebengöttern/Heiligen. Gleichzeitig fremd und vertraut. Die Masken und die Umzüge erinnern mich an Traditionsumzüge in Bayern, an Alpendämonen bis hin zur alemannischen Fasnacht. Die Bocios und auch andere Objekte erinnern mich an Votivgaben. Manches ist zutiefst schamanisch, wie die Kongo-Pakete, die Seelenflaschen und belebten Objekte. Und das Konzept, dass (körper)behinderte Menschen dem größten Loa (aka Geistwesen) heilig sind, und somit schützenswert, finde ich auffallend und sehr positiv.





Beeindruckend (und für mich subjektiv optisch scheußlich) ist der aktive Altar, der aus Essen ausgeliehen ist. Wie auch einige der anderen Exponate noch spirituell aufgeladen sind, wie ich meinen Kopfschmerzen an manchen Vitrinen entnehmen kann. So vieles mir vertraut erscheint, gerade im religiösen und spirituellen Konzept, optisch ist mir vieles fremd, fremd, fremd. Eine oberspannende Ausstellung, die so vielfältig ist, dass sie durchaus mehrere Besuche verträgt. Gerade auch mit diesem Mehrklang aus afrikanischer Herkunft und bis heute Staatsreligion in Kongo und Benin, dem finsteren Kapitel Sklavenhandel und dann die heutigen Ausprägungen und Veränderungen der Religion in Brasilien, Haiti und Louisiana. Und einem Abschluss mit Voodoo in der Popkultur.

Zombies gibt es laut Ausstellung in Haiti wirklich, allerdings handelt es sich wohl entweder um hochtraumatisierte Menschen oder Menschen unter bestimmten Drogen oder Betrügern, die trauernden Angehörigen was vorspielen. Die Voodoo-Puppen kommen als Idee und Tradition aus dem frühneuzeitlichen Europa. Und der Disney-Film "Küss den Frosch"?  Der spielt in New Orleans, wo es eine der vielen in der Ausstellung vorgestellten Unterformen des Voodoo gibt. Und genau wie im Film zeigt auch die Ausstellung, dass Voodoo als Religion gar nicht auf Hexerei aus ist, sondern auf ein tiefes Verständnis von Menschlichkeit und Unterstützung in allen Lebenslagen.

Mittwoch, 24. Juni 2020

Konsentmoderation und Soziokratie

In der Ausschreibung für das Seminar stand zum Thema Konsentmoderation und Soziokratie: "Klarheit in den Zuständigkeiten" und "kompetente Entscheidungen an den richtigen Stellen". Das hat mich so angesprochen, dass ich mich sofort angemeldet habe. Und erst danach, beim zweiten und dritten Lesen habe ich gemerkt, dass dahinter ein ganzes Wertesystem und eine Gesellschaftsvorstellung steht. Konsentmoderation ist ein Handwerkszeug, um soziokratische Kreise zu moderieren. Im Kern geht es darum, Gruppen zu unterstützen zu guten Entscheidungen relativ schnell zu kommen, dass die Ergebnissse durch die einzelnen Menschen in der Gruppe mitgetragen und vor allem auch umgesetzt werden. Konsent heisst: ich habe keinen schwerwiegenden Einwand, dass wir mit der vorgeschlagenen Lösung das gewünschte Ergebnis nicht erreichen. Habe ich einen schwerwiegenden Einwand, muss ich ihn begründen. Und nach Möglichkeit gleich einen neuen Lösungsvorschlag liefern. Ein Konsens bedeutet, alle sind dafür, Konsent bedeutet nur, keine*r ist massiv dagegen. Ich finde, das ist DIE Chance für eine gute Lösung, auch wenn es vielleicht nicht die Beste aller möglichen Lösungen ist. Doch da die ganze Gruppe bei der Lösungsfindung beteiligt war, liegt die Lösung wahrscheinlich sogar in der Nähe der besten Lösung. Die Gruppe weiß oft mehr als der Einzelne.




Sonja Maier, unsere Referentin, hat uns an dem Wochenende wirklich die Grundlagen beigebracht und uns gefühlt ständig üben lassen, wie Konsentmoderation geht. Sogar eine offene Wahl hat sie mit uns durchgeführt. Denn das sind die vier Basisprinzipien der Soziokratie: Konsent, Kreisorganisation, doppelte Verknüpfung und offene Wahl.

Ganz am Anfang des Seminars stand eine Übung, bei der wir die hellen und die dunklen Seiten von autokratischen und demokratischen Entscheidungen darstellen sollten. Das war schon kraß, sowohl die hellen Seiten von einsamen Einzelentscheidungen als auch die dunklen Seiten von Mehrheitsentscheidungen zu sehen. Und dann Konsentmoderation zu üben, wo jede und jeder seine Meinung offen äussert. Weil jede*r explizit gefragt wird, nicht nur einmal, sondern zweimal. Denn so ist die Konsentmoderation aufgebaut: erst kommt eine Informationsrunde, damit jede*r auf dem gleichen Stand ist. In der ersten Meinungsrunde sage ich, wie ich dazu stehe, was meine Ansicht ist. In der zweiten Runde kann ich meine Meinung ändern. nicht zuletzt wegen der gehörten Argumente. Erst in der dritten Runde wird abgestimmt. Hand auf's Herz, wenn ich dafür bin, eine Hand heben bei einem leichten Einwand, beide Hände heben bei einem schwerwiegenden Einwand. Und wie oben schon geschrieben, schwerwiegend heißt nur begründet in Bezug auf die Zielerreichung.

Ich war jetzt im Anfänger*innen-Kurs 1. Doch das, was ich in den Inhalten durchschimmern sehe, Handwerkszeug für eine Gesellschaftsform, die auf Beteiligung, Partizipation jeder und jedes Einzelnen zielt, das bewegt mich. Mir wird bewußt, dass da noch einiges für mich zu lernen ist, sowohl theoretisch als auch im praktischen Üben. Wie schön.

Corona Kaffeepause: jede*r hat einen markierten Becher, einmal ausgeteilt.

Corona Realität: Abstand Abstand Abstand.
Egal ob im Seminarraum, beim Essen oder abends in der Dorfkneipe.





Samstag, 20. Juni 2020

Lernlust pur

Einer der Nachteile, wenn man wissbegierig ist, ist dass irgendwann nicht soo viel neues Wissen mehr da ist. Zum Glück und auch zum Pech interessiert mich vieles, so dass ich über viele Dinge Bescheid weiß. Und die meisten Dinge, die ich nicht weiß, interessieren mich nur, wenn jemand aus meinem nahen Umfeld sich brennend dafür interesiert und ihr oder sein Wissen mit mir teilt.
Das aus mir heraus, im Spektrum meiner Interessen, nochmal ganz neues Wissen zu mir kommt, empfinde ich als ganz großes Geschenk. Und so bin ich dieses Wochenende beglückt und beseelt auf dem Workshop Konsentmoderation. Denn dahinter verbirgt sich ein komplettes und komplexes System an Werten und Methoden.

Beruflich muss ich viel moderieren, allerdings meist in engem Rahmen. Kleine und mittlere Teams, Tagungen, selten mal einen Workshop. Doch über die Zeit merke ich meine Beschränkungen. Gerade wenn ich etwas viel und oft gemacht habe, so dass es zu einfach für mich wird, sehne ich mich nach etwas neuem. Erst recht, wenn ich merke, mit dem was ich kann, komme ich in bestimmten Situationen nicht zum Ziel. Daher springe ich auf die Seminarausschreibung Konsentmoderation auch so an. Handwerkszeug zu lernen, mit dem ich Gruppen durch einen streitbaren Prozess zu einem von allen mitgetragenen Ergebnis leiten und begleiten kann, das will ich lernen. Und lernen tue ich jede Menge. Denn hinter dem Begriff der Konsentmoderation steht die Soziokratie.

Dienstag, 16. Juni 2020

Gehölzschnittseminar

Lernlust erkannt, Lernlust gelebt. Der Flyer lag schon seit Tagen in meinem Kalender. "Wie und wann schneide ich Ziergehölze?". Vier Stunden in den denkmalgeschützten Anlagen des Klosters Rambin, an einem sonnigen Samstag. Theorie und Praxis, Gerätekunde, Pflanzen bestimmen und und und.
Da ich immer mehr in der Natur bin, mit Gärten, Parks, Friedhöfen, Bäumen Kontakt aufnehme, ein guter Baustein Wissen. Denn in Sträucher botanisch zu benennen, bin ich nicht so fit, wie ich gerne wäre. War ich nicht so fit. Nach diesem Samstag kann ich Pfaffenhütchen, mongolische Steppenkirsche, Schneebeeren, verschiedene Hartriegel, Flieder sowieso zielsicher bestimmen. Darüberhinaus kann ich jetzt Mahonien, Kornelkirschen, Apfel- und Birnbäume beschneiden, habe Ahornjungwuchs ausgelichtet, Buchsbaum und Eiben geschnitten und und und. Vor allem weiß ich, dass ich nicht nur meine Hände waschen und desinfizieren muss, um keine Krankheiten weiterzutragen, sondern dass das genauso für mein Schneidwerkzeug gilt, wenn ich Bäume und Sträucher schneide.

Kloster St. Jürgen Rambin



Erklärungen durch Gernot Hübner, den Anleiter des Kurses



Freitag, 12. Juni 2020

Fernweh und Lernlust

Kind 2 will nächsten Herbst ein Auslandssemester machen und beraumt eine Familien-Telefonkonferenz ein. Ihre Kriterien sind - englischsprachiges Land - außerhalb Europas -  Partneruniversität ihrer Hochschule in ihrem Studienfach. Das schränkt die Auswahl auf genau sieben Universitäten ein. Zwei davon gucken wir uns an dem Morgen näher an, und ihre Wahl fällt auf die Vancouver Island University in Nanaimo. Schon während des Telefonats bin ich am Heulen. Ich will auch weg, will auch wieder unterwegs sein, neue Leute in neuen Ländern kennenlernen. Tagsüber habe ich eine Pause und recherchiere die an der Vancouver Island University angebotenen Kurse. Sowohl Indigenous Studies, Studies in Women and Gender als auch Anthropology lassen mein Herz höher schlagen bzw. bringen mich wieder zum Heulen. Ich will auch neue Dinge lernen, mir neue Horizonte erschließen, in neues Wissen abtauchen.
Fernweh und Lernlust gleichzeitig! Ich werde mal einen Urlaubsantrag stellen UND gucken, was es so an Bildungsangeboten gibt, die mich interessieren.

Pläne für 2020
Gemeinsam mit einer Freundin Eisenzeit entdecken
Wandern in und um Wetter in Hessen, entdecken von eisenzeitlichen Höhensiedlungen, übernachten in einem schnuckeligen, historischen Ferienhaus.

Neue Moderationsmethoden lernen 1
Konsent-Moderation klingt in meinen Ohren spannend und vielversprechend

Moderationsmethoden lernen 2
Vertiefung und noch mehr praktische Übungen zur Konsent-Moderation

Eventuell doch nochmal in diesem Jahr nach Russland
Burjatisch-mongolischer Schamanismus in Ulan Ude und Umgebung, Baikalsee und mehr. Die Frau, die die Reise organisiert, ist fest davon überzeugt, dass es klappt!

Vielleicht mal wieder aufs Schiff
Klingt gut, hängt davon ab, ob Russland klappt.

Donnerstag, 11. Juni 2020

We are one Filmfestival

In Coronazeiten gehen alle neue Wege, allerdings die meisten den gleichen: hin zur Digitalisierung. So haben sich die großen Filmfestivals (und ein paar kleinere) zum "We are one"-Filmfestival zusammen geschlossen. Vom 29.5.-7.6.20 wurden beim We are one-Filmfestival über YouTube einige Filme gezeigt. Mit dabei sind die Fimfestivals von Cannes, San Sebastian, Berlin, aber auch Sydney, Tokio, Sundance, Tribecca und viele mehr. Mit einem festen Zeitplan. Die Filme, die mich interessieren, laufen im Indigenous Shorts Program, natürlich erst am letzten Tag. Fast wäre ich noch gescheitert. 3.30 pm EDT. Das hat ein paar Minuten Recherche und Rechnen gekostet. EDT ist Sommerzeit in New York. Das hätte ich dem Terminus Eastern Daylight Time nicht unbedingt entnommen. - 4 UTC entspricht EDT. Wir sind MESZ +2 UTC. Also ganz schlicht die 6 Stunden Zeitunterschied zwischen hier und New York. Wenn man es weiß, ist es einfach, nur der Weg dahin war schwierig 😀.
Und so gucke ich mit Begeisterung die drei Kurzfilme,  die mich interessieren:
Katatjatuuk Kangirsumi, My Fathers Tools und Fainting Spells.
Bei Katatjatuuk Kangirsumi singen zwei junge Frauen aus Kangirsuk, Nunavut, Kanada, Kehlkopfgesänge in der Natur. Dieser typische Gesang der Inuit, konkret der Female Native Canadians Inuit, der Geräusche aus der Natur abbildet. Eva und Manon singen nach europäischen Verständnis so eine Mischung aus Beatbox und HipHop, dazu spektakuläre Bilder der Region, d.h. Tundra mit und ohne Schnee. My Father´s Tools dagegen ist still. Es zeigt Stephen Jerome, einen Mik´maq aus dem südlichen Nordosten Kanadas (Wälder!), der aus Holz einen traditionellen Korb flicht, mit den Gerätschaften seines Vaters. Und dann für mich der Knaller: Fainting Spells. Ich kannte das Wort gar nicht, "to faint" ist in Ohnmacht fallen, "spells" kenne ich als Zaubersprüche. "Fainting spells" sind aber Ohnmachtsanfälle, wie ich jetzt weiß. Der Film nimmt darauf Bezug, denn er besingt ein Kraut names Xawiska (oder Indian Pipe Plant), das von den Ho-Chunk (die wir eher als Winnebago der Sioux-Stämme kennen) gegen solche Ohnmachtsanfälle eingesetzt werden. Das Zusammenspiel von Bildern, Text, Liedern ruft bei mir Assoziationen, Gedanken, Gefühle en masse hervor. Vor allem der Song "Go, my Son" bleibt in meinem Ohr hängen. Meine Recherche im Internet zeigt mir, dass es nicht irgendein Song ist, sondern ein ganz wichtiger, der dazu animiert Bildung zu erwerben. Go my Son von Arlene Williams und Carson Burnes, ein Lied, das hoffentlich ganz viele First Nation Kinder animiert hat.
Ich habe mir den Film sogar noch ein zweites und drittes Mal angeguckt, weil er mich so fasziniert, sich mir nicht auf Anhieb erschliesst. Denn die Filme sind noch immer bei Youtube eingestellt. Als ich sie Sonntag "live" gesehen habe, waren wir genau 252 Menschen weltweit. Jetzt haben schon zwischen 4.500 und knapp 10.000 Menschen sich die Filme angeguckt. Allen drei Filmen und auch den restlichen Filmen des We are one-Filmfestivals ist zu wünschen, dass noch ein paar mehr Menschen zuschauen,

Sonntag, 7. Juni 2020

Groupie

Ich kann mich schnell für etwas begeistern. Gleichzeitig bin ich aber ganz zurückhaltend längerfristig Fan zu sein, warum auch immer. Ein Grund ist sicher, dass ich die Welt viel zu riesig und spannend finde, um zu tief irgendwo ein zu tauchen. Plus, die meisten Menschen, Dinge, Sachen haben Nebenwirkungen in dem Sinne, dass ich Aussagen, Äusserungen, Meinungen nicht zustimmen kann. So habe ich Moment nur zwei Blogs im Internet, denen ich kontinuierlich folge. Das eine ist die Mosaic-Expedition in die Arktis. Das andere der Blog der Autor*innen Ilona Andrews.


Die Arktis interessiert mich, alles nördlich des Polarkreises finde ich spannend. Letzten Sommer, auf dem Sicherheitstraining für das Schiff waren einige der Wissenschaftler (ja, nur Männer) dieser Expedition dabei. Sie haben mir von ihren Planungen erzählt, ihren Aufgaben, ihren Bedenken. Wie bei vielem, von dem ich ein Zipfelchen erfahre, habe ich weiter recherchiert. Und bin bei der App der Mosaic-Expedition gelandet. Täglich ein Appetizer aus der Arktis. Das hebt mein Gemüt. Und Punkt. Da bin ich einfach vergnügter Fan.


Ähnlich und anders mein Bezug zu dem Blog von Ilona Andrews, einem Autor*innen- Paar, das Fantasy schreibt. Auch hier bin ich vergnüglicher Fan, freue mich über nicht publizierte Schnipsel bereits publizierter Bücher, Fortsetzungsromane mit Erscheinungsdatum jeden Freitag. Plus faszinierender Diskussionen zu Literatur, ihre Entstehung und Rezeption. Gleichzeitig aber geben sie mir Einblicke in die amerikanische Gesellschaft, weit über das hinaus, was in den sonstigen Medien steht. Eine Mutter, die die Krise kriegt, weil an beiden Universitäten ihrer Töchter positiv geteste Corona-Fälle sind, und die Unis bleiben auf. Oder gestern, wo sie über die ACLU schrieben. 1920 gegründet, bis heute aktiv für Freiheit und Demokratie. Der Wikipedia-Artikel lässt mir das Herz aufgehen, weil es so meinen Werten und auch Widersprüchen entspricht. Genauso wie mir der Post das Herz aufgehen lässt, in der Dringlichkeit und gleichzeitig der Freiheit, die er lässt. Bei den beiden bin ich gerne Fan, fast schon Groupie.

Doch halt, einer dritten Seite folge ich noch: Newslichter. Doch hier bin ich schon deutlich kritischer, finde vieles sehr gut, manches weniger. Im Prinzip fällt diese Seite aber eher unter Journalismus, nicht mehr unter Fandom.

Mittwoch, 3. Juni 2020

Corona-Steine

Keine Ahnung, wer damit angefangen hat, rund um Gewässer in Deutschland bemalte Steine zu legen. In der virtuellen Welt gibt es immer wieder Challenges, an denen man teilnehmen kann. In Coronazeiten ist die Challenge sehr materiell verankert. Steine sind für mich der Inbegriff des Soliden, Beständigen, Unveränderbaren, weit weg vom virtuellen Zeitalter (dabei - ehrlich gesagt - braucht es Silicium/Quarzkristalle und seltene Erden en masse um PCs und Handys zu produzieren).

Auf jeden Fall hat jemand in Stralsund den Aufruf gestartet und begonnen, um den Frankenteich Steine zu legen. Mitte Mai war die Hälfte des Gewässer umrundet. Ein Spaziergang an der Steinschlange entlang zeigt die Vielfalt der Stadt, zeigt die kreativen Einfälle, zeigt das künstlerische Können und die Zuneigung der Einwohner*innen. Und zeigt die Hoffnung, die Wünsche und die Sehnsüchte in dieser Krisenzeit.


Frankenteich
Einzige Information, die es gibt
Bunte Steinschlange



Eine bunte Pünkte-Schlange

Heimweh nach Musik-Konzerten?

Die Studentinnen haben sich auch verewigt.

Der Stein von mir.
Ein Geschenk von Teresa, und Ausdruck meiner Sehnsucht nach wieder unterwegs sein,

Geduld!
Die Feuerwehr hat einen ganz großen Stein hingelegt.

Stein einer lokalen Künstler*in. Sonst verewigt er*sie sich eher auf Graffittis.

Die Idee ist so inspirierend, wenn es sie nicht schon gäbe, müsste man sie erfinden. Und seit Mitte Mai ist die Steinschlange nochmal gewachsen. Der Lockdown ist vielleicht vorbei, nicht jedoch die Coronazeit.

Dienstag, 2. Juni 2020

Kleider machen Leute

Kind 1 nutzt sein coronabedingtes online Tiermedizinstudium für sinnvolle Sachen. Zuhause gibt es deutlich mehr Möglichkeiten praktisch zu üben als am Studienort. So leiht sie sich eine Schafschere und schert das alte Wuschelschaf Berta. Dabei stellt sich zweierlei raus: Berta ist gar kein altes Schaf, maximal vier Jahre alt. Und Berta ist ein bildschönes Schaf. Mit eleganten Proportionen, schmal gebaut, wunderschön anzuschauen. Kleider machen Leute. Unter all der Wolle war das nicht erkennbar.

Berta mit Wolle 

Bertas Wolle 

Berta ohne Wolle 

Montag, 1. Juni 2020

Kunst:Offen in Glashagen bei Bad Doberan



Gestern also die große Überlandtour. Ich habe vor 25 Jahren mal in Bad Doberan für anderthalb Jahre gewohnt und seitdem trinke ich aus Gläsern aus Glashagen Glashütte. Eins davon ist mir zerbrochen, ich brauchte also Nachschub. Ich liebe qualitätvolles Kunsthandwerk, ich mag es, mich mit schönen Dingen zu umgeben. So schwelge ich an diesem Kunst:Offen in Glashagen bei Bad Doberan.

Wunderschöne Formen und Farben aus der Glashütte 

Mein neues Weinglas

Urige Möbel aus Südseeholz in der Galerie am Ortseingang 

Formschöne Porzellan aus der Porzellanmanufaktur in Glashagen.
Beinahe wäre ich schwach geworden.

Porzellan in Ostseefarben. Da kriege ich Herzchen in den Augen.

Eine "neolithische" Keramiktrommel aus der Töpferei Jung in Glashagen.
Vegetarische Bohnensuppe im Cafe Kunst in Geschirr aus der Töpferei Jung.

In Glashagen Ausbau gibt es eben nicht nur die Glashütte, sondern dort haben sich inzwischen mehrere Kunsthandwerker*innen angesiedelt. Selbst wenn ich es nicht in meiner Wohnung haben wollte, kann ich doch die Schönheit der Dinge bewundern.

Der zweite Stopp ist Bad Doberan, das Kloster.
Im Moment beschäftigen mich u.a. Drachen in romanischen bzw. gotischen Kirchen. Und so gehe ich gezielt auf die Suche.
Das Kloster ist ein Zisterzienser-Kloster gewesen, gegründet als erstes Kloster nach der Christianisierung im 12. Jahrhundert. Und seitdem Grablege der mecklenburgischen Fürsten. Sowohl aus dem Bildersturm der Reformation als auch aus den Verwüstungen des 30jährigen Krieges ist die Kirchenausstattung relativ unbeschadet hervorgegangen. 






Im Chorgestühl werde ich fündig. Ein kleiner, geflügelter Drache kauert am Fuß der Seitenblende, aus ihm sprosst ein ganzer Weinstock. Keiner kann so recht sagen, was diese so abgebildeten Drachen bedeuten. Im Zusammenhang mit den Ritterbildern des Hl. Georg, der den Drachen tötet, scheint die Sache klar. Das Heilige tötet das Böse, der christliche Glaube triumphiert über die heidnische Natur. Doch diese anderen Drachen?  Ich vermute, da sind ganz andere Deutungen möglich. Drachen als positive Erde- und Feuerwesen, Drachen als fruchtbare Wachstumsunterstützer.


Das Licht, die Architektur, ich bin jedes Mal begeistert.

Ein schöner Ausflug an einem sonnigen Tag