Montag, 29. Juli 2019

Nachtleuchtende Wolken

Heute war mal wieder Tag des Besonderen Films. "Norddeutschland bei Nacht" von Martin Fischötter. Zum Glück hatte ich meine Weiber von der Whatslos in Stralsund-Gruppe aktiviert. Ich wäre sonst ganz alleine im Kino gewesen, so waren wir immerhin zu fünft. Ich verstehe nicht, warum sie für diese besonderen Filme nicht zusätzliche Werbung machen. Aber ich verstehe die Kinowerbung des Cinestar sowieso nicht. Die gehen irgendwie davon aus, dass die Leute sowieso ins Kino gehen, und das schon irgendwie mitkriegen. So funktioniert das nicht, Leute! Aber egal. Dadurch hatte es wirklich Heimkino und Sofa-Feeling, weil ich jeden im Saal kannte, und man ungeniert kommentieren konnte. Bzw. ich bei fast allen Aufnahmen den Namen der Stadt sagen konnte. Ich kenne mich doch ganz schön aus in Norddeutschland, ist mir da klar geworden. Osnabrück und Wolfsburg habe ich nicht erkannt, und das war´s. Da war ich aber auch noch nicht. Alle anderen Städte habe ich schon live erlebt.
Der Film hat per Luftaufnahmen/ Drohnenbildern Norddeutschland gefilmt. Beginnend mit dem Sonnenuntergang, der mal wieder wie in Afrika aussah, norddeutsche Savanne mit glutrotem, riesigem Sonnenball. Und dann die nachtleuchtenden Wolken. Endlich habe ich eine Erklärung für das Phänomen, das ich schon manches seltene Mal gesehen habe nachts. Ganz hohe Wolken, die noch von der Sonne beleuchtet werden, wenn alles ringsherum schon dunkel ist. Wie auch der Nachthimmel in der Nossentiner Heide spektakulär war. Das kenne ich auch von Friedrichshof des Nachts. Auf einmal wirkt alles so klein, die Welt rückt sich zurecht, wenn man diesen sternenbepunkteten Nachthimmel mit dem Milchstraßenband sieht.
Ansonsten haben wir Industrie, Industrie, Industrie gesehen. Das waren schon coole Bilder, Hamburger Hafen oder Güterbahnhof Maschen machen schon was her hellbeleuchtet. Zu hören - und zu sehen -, was ein Lichtkonzept für einen Park oder gar eine ganze Stadt ausmacht, auch das beeindruckend. Die neue Technik mit den Drohnen-Luftaufnahmen lässt beeindruckend schöne Bilder zu. Die wenigen eingewobenen Geschichten kamen dagegen leider nicht an. Sie kamen zu kurz, waren vermutlich aber auch nicht Ziel des Films. Dabei hätte ich gern noch was über die Menschen in Norddeutschland bei Nacht gesehen. Ein andermal in einem anderen Film. Dieser Film hier zeigt das Land Norddeutschland bei Nacht. Stralsund das Rathaus, Wismar die Georgenkirche, in Hamburg die Elphi, und und und. Alles was schön ist und nachts beleuchtet ist. Wenn der Film Ende des Jahres im Fernsehen gezeigt wird, kann man ihn sich nochmal angucken.



Sonntag, 21. Juli 2019

Touri-Tour in der (Usedomer) Schweiz und Drumherum

Eine ganz alte Freundin von mir ist auf Reha-Kur in Ückeritz auf Usedom. Da sie sonst acht Stunden von mir entfernt wohnt, und es bis Usedom nur anderthalb Stunden sind, nutze ich die Gelegenheit und fahre zu ihr. Letzten Samstag haben wir zusammen köstlich Mittag gegessen und am Strand rum gehangen. Diesen Samstag hatten wir große Pläne und die Inselschnuppertour gebucht.

Und haben das große Los gezogen. Der  Busfahrer ist von der Insel und liebt seine Heimat. Er kurvt mit uns durch das Hinterland, redet von eiszeitlicher Moränenlandschaft, Rund- und Straßendörfern, slawischer Besiedlung. Erzählt aus DDR-Zeit und Jetztzeit, von Tourismus und Landwirtschaft.
Touri-Tour in der Usedomer Schweiz. Als sich im 18. und 19. Jahrhundert der Tourismus entwickelte, wurden all die wunderschönen hügeligen Landschaften mit Seen in Europa als Sowieso-Schweiz gelabelt. Und es ist richtig schön dort in der Usedomer Schweiz. Wir besuchen einen Aussichtspunkt mit Blick über Landschaft und Seen, eine Kirche mit Sternendecke. Klassische Touri-Tour.




Doch dann fahren wir zum Golm. Begräbnisstätte der Opfer des Luftangriffs auf Swinemünde im März 1945. Der Busfahrer-Fremdenführer sagt 23.000 Tote, in dem klitzekleinen Museum steht 8.-10.000 Tote. Egal. Die Summe ist so absurd hoch, die für das begraben sovieler Leichen notwendige Logistik für mich unvorstellbar. Wieviele Leichen passen auf einen Pferdekarren (wieviele sind nach so einem Bombenangriff überhaupt noch verfügbar), wieviele Fuhren braucht es, wer gräbt die Massengräber, wieviel Leute hat das Team, das die Leichen aufsammelt? Schafft ein Pferdekarren 20  Leichen? 20 Touren am Tag? Eher weniger, vom Kurpark bis zum Golm ist es ein ganzes Stück. 10 Karren, 10 Teams, 10 Tage? Es ist für mich grauenhaft, unvorstellbar. Zum Glück ist der Friedhof, die Gedenkstätte, wie ein großer Hain angelegt und wirkt friedlich. Aber es ruft mir die Not und den schieren Terror von Krieg wieder sehr deutlich ins Bewusstsein. Ich finde gut, dass die Tour auch solche Punkte beinhaltet.



Mittagspause mit Fischbrötchen am Achterwasser. Ute und ich sitzen in der Sonne, gucken auf's Wasser. Es ist so idyllisch, im Rücken das alte Fischerdorf. Das totale Kontrastprogramm zum waldigen Golm. Leben ist schön.




Höhepunkt ist Sightseeing bzw. Stadtrundfahrt in Swinemünde. Das ehemalige Kaiserbad macht auf Massentourismus. Hotels, die aussehen wie Kreuzfahrer (wie die Schiffe, nicht wie die mittelalterlichen Ritter😀), Hotels, die an der Riviera stehen könnten mit ihren schmiedeeisernen Balkonen, Hotels, die in den Hamptons stehen könnten. Und ein proppevoller Strand. Ferienfeeling pur. Wir süppeln einen exorbitant guten, um nicht zu sagen perfekten Eiskaffee und gucken entspannt dem Strandtreiben zu. Das Leben ist wunderschön.



Samstag, 20. Juli 2019

Jesus Christ Superstar

Das Theather Vopommen hat dieses Jahr im Open Air-Sommerangebot das Musical Jesus Christ Superstar. Auf der Wiese vor dem Hansagymnasium, mit Blick auf den Sund, sind die Tribünen aufgebaut. Coole Hintergrundkulisse für die eher spartanische Bühne.


Die Chöre der Stadt können Sängerinnen und Sänger entsenden für den Musicalchor, eine Freundin von mir ist dabei. Jede Menge Grund also, hinzugehen. Was ich nicht erwartet hatte: ich bin absolut textsicher. Das Theater hat die deutsche Version gewählt, strategisch angesichts einer Bevölkerung, die überwiegend weder christlich noch des Englischen mächtig ist, eine gute Entscheidung. In meinem Kopf läuft simultan die englische Fassung, und ich kann auch die deutschen Texte mitsingen. Puhah. Ich erinnere nicht, wann und wo ich das Musical schon mal gesehen haben könnte. Ich erinnere auch nicht, den Film irgendwo gesehen zu haben. Aber da ich Bilderfetzen erinnere, muss ich irgendwas auf Bühne oder Leinwand gesehen haben. Und die Musik ziemlich oft gehört haben, wenn ich schon in der Overtüre die verschiedenen Stimmen und Szenen zuordnen kann anhand der Musik.

Auf jeden Fall beeindruckt mich die Geschichte, nimmt sie mich mit in die Anfangszeit der Entstehung meiner Religion. Bevor die Kirche und ihre weißen alten Männer die Deutungshoheit über die Geschichte(n) erlangt haben. Da blättern kaleidoskopartig nochmal all die vielen Seiten auf, warum Christentum eine gute Religion sein kann. Heilwerden durch Glauben, Kontakt zu Gott auf direktem Wege, Not und Gottvertrauen; all diese Worte, die so oft Floskeln sind, und gleichzeitig einen tiefen Klang haben können: Sprich nur ein Wort, so wird meine Seele gesund; Gottes unerforscherlicher Ratschluss. All das wird in dem Musical angerissen. In meinen Augen ist es ein Wunder, dass die Zuhörer*innen sich nicht gleich am nächsten Tag in der Kirche melden. Zumal die Musik grandios ist, und zu Recht den Weltruhm von Andrew Lloyd-Webber begründet hat. Aber Kirche, und Christus, Religion und Spiritualität sind unterschiedliche Dinge. Die Kirche in ihrer jetzigen Gestalt, vor allem die katholische, ist für mich eine trauige Figur. Sie hat den Anschluss an die Moderne verpasst. Die vielen Möglichkeiten zur Mystik, liebvoller Umarmung des Unbegreiflichen, Akzeptanz und Preisung des Leiblichen, Einbeziehung und Wertschätzung des realen Weiblichen und und und. Soviele verpasste Chancen allein in den letzten 50 Jahren seit dem 2. Vatikanischen Konzil. Zu spät. In dem Buch "Die Nebel von Avalon" von Marion Zimmer-Bradley ist gegen Ende eine Szene, in der Morgaine durch die Nebel tritt und auf ihrer Insel in der neuen Zeit und Realität ein christliches Kloster findet. Das was dort beschrieben ist mit Christentum als der jungen Religion und ihrer Religion als alter Religion, erlebt Christentum jetzt als alte Religion. Die Menschen finden nicht mehr durch den Nebel, wollen nicht mehr Teil der abgeschotteten, engen, bigotten Kirchenwelt sein. Weil aber Spiritualität ein Grundbedürfnis ist, finden wir neue Wege, neue Religionen. Und ich finde es noch lange nicht eindeutig in welche Richtung welcher neuen Religion es gehen wird.

Aber um das alles geht es bei Jesus Christ Superstar gar nicht. Sondern nur um die klassische Geschichte aus den Evangelien. "Literarische Vorlage: Evangelium" steht bei Wikipedia. Das Theater Vorpommern hat das Stück solide inszeniert und stimmlich gut besetzt, vor allem Sasha di Capri als Judas und Martin Mulders als Annas haben mir super gefallen. Der tiefe Bass von Andrej Valigueras als Kaiaphas war ebenfalls hörenswert. Dagegen fielen sowohl Feline Zimmermann als Maria Magdalena als auch Chris Murray als Jesus ziemlich ab. Zumal beide mit dämlichen Kostümen geschlagen sind. Da kommen die ersten drei ungleich besser weg und waren auch deutlich präsenter. Egal - die Aufführung ist sehenswert.



Sonntag, 14. Juli 2019

Lieblingsstücke

Ich gehe nicht gern einkaufen bzw. shoppen. Ich habe, was ich brauche. Und wenn - kaufe ich Lieblingsstücke. Von daher brauche ich dann auch ganz schön Zeit für meine Entscheidungen. Weil ich nicht irgendwas will, sondern genau das. Das war mit meinen beiden Rimowa-Koffern so, und das ist jetzt bei meinem Blaest-Regenmantel so. Ca. zwei Jahre dauert es im Schnitt, bis ich mich durchringe, so viel Geld auszugeben.

Gesehen habe ich einen Blaest Regenmantel bei einer Studienkollegin in Wilhelmshaven 2017. Allerdings in gelborange, und ein Schnitt, der nicht für mich gemacht ist. Doch der Internetauftritt zeigt die anderen Farben und Schnitte. Ich hatte mich gleich in die Qualität verliebt. 8000 ml Wassersäule, winddicht, sauber verklebte Nähte. Von der Qualität fürs fiese norddeutsche Schietwetter so gut verarbeitet wie mein Salewa-Zelt (für das ich ähnlich lange gebraucht habe im Entscheidungsprozess und immer noch super zufrieden bin).

Details (für den Regenmantel, nicht das Zelt!):
  • Taped sealed seams
  • Breathable (8000/24hrs)
  • Waterproof (Water column 8000mm)
  • Windproof
  • Water repellant
  • Sleeve with neoprene
  • Form fitted waist, double breasted
  • Hood inside collar
  • Adjustable belt
  • Zip and button in front
  • Eyelets under sleeve for ventilation
  • Side pockets with zip
  • Reflective details

Die Farben, die Blaest für die Regenmäntel im Netz zeigt, begeistern mich, klare nordische Farbpalette. Das die blaue Farbe falsch rüberkommt, wie sich später herausstellt, je nun. Das eher petrolfarbene Blau steht mir sogar noch besser, finde ich. Nur der Name Barcelona passt nicht so recht, mit Barcelona verbinde ich Sonne und Wärme.


Bei den Regenschauern, die im Moment immer wieder im Norden nieder gehen, bin ich froh über mein schickes wasserdichtes Lieblingsstück.

Dienstag, 9. Juli 2019

Clash of Culture

Meine Bank schickt mir einen Brief. Die Regeln für die Authentifizierung im online-Banking und Internet bezahlen verändern sich. Die Schlüssel-Kriterien sind Wissen, Besitz, Sein. In genau der Reihenfolge. Für ein komplettes Leben fehlt in meinen Augen nur noch Liebe. Und ich würde eine andere Reihenfolge wählen.

Meine Bank denkt nicht mehr nur in Kategorien von Soll und Haben, sondern Haben und Sein! Da sind sie philosophisch gesehen um die Ecke von Erich Fromm. Clash of Culture, finde ich.

Sonntag, 7. Juli 2019

Auf Reede vor Gdynia oder Rückkehr mit Hindernissen

Eigentlich ist die Alex ein Linienschiff; ein kleiner segelnder Kreuzfahrer. Der Törnplan sagt von Kaliningrad aus geht's nach Aalborg und das Non Stop. Eigentlich. Doch die Realität sieht wie so oft anders aus. Wir sollen von Kaliningrad nach Gdynia segeln, da dort ein Werftplatz für uns frei ist. Nun ist es nicht so weit von Kaliningrad nach Gdynia, so dass wir schon am nächsten Tag vormittags ankommen. In dem Augenblick stellt sich heraus, was wir schon geahnt haben. Wir können erst morgen, Sonntag, ins Dock der Werft. Leider macht auch die Grenzpolizei Wochenende und will uns erst morgen am Sonntag kontrollieren. Also liegen wir auf Reede, bis wir eindocken.




Liegen vor Anker in der Danziger Bucht mit Blick auf's Land. Ich hatte vergessen, wie das ist mit strengen Grenzen, scharfer Bordercontrol, Zollbehörden. Schon in Pori hatte ich mich gewundert, wie genau die finnischen Grenzer unsere Pässe kontrolliert haben. Ausreise nach Russland. Das wir jetzt, bei der Wiedereinreise in die EU, auch so penibel kontrolliert werden, plättet mich. Wir sind an der Außengrenze der EU. Und so wie das früher war, wenn ich nach Holland oder Frankreich, Österreich oder Dänemark wollte, als das noch hart kontrollierte Außengrenze Deutschlands war, so ist das heute auch noch an der Außengrenze des Schengenraumes. Passkontrolle, haben Sie was zu verzollen, kurzer Blick, zum Glück ein Nicken. Puhah. Ich hatte gnädig vergessen, wie schlecht sich das anfühlt. Bei der Ein- und Ausreise nach Russland war ich mental darauf vorbereitet. Hier, bei meinen Leuten (denn das ist EU für mich) nicht. Und so vergeht die Zeit. Mit dem Ergebnis, dass ich statt gemütlich Sonntag Abend 18 Uhr erst Montag früh um 6 Uhr in Stralsund ankomme. Mit einem mehr als fünfstündigen Aufenthalt von 21-2.30 Uhr auf dem Bahnhof von Stettin.
Montag, 6 Uhr. Mein erster Arbeitstag nach dem Urlaub. Irgendwie dachte ich, ich bin raus aus dem Alter, wo ich so schräge Dinge mache. Egal. Halb zehn bin ich frisch geduscht und halbwegs wach auf Arbeit.

24 h Tagestörn


Ursprünglich wollte ich in Kaliningrad das Schiff verlassen, und mit dem Bus nach Danzig fahren, um dann mit dem Zug über Stettin nach Stralsund, nach Hause, zu fahren. Nun stellt sich aber im Verlaufe des Törns heraus, dass die Alex ins Dock nach Gdynia muss. Also frage ich vorsichtig an, ob ich an Bord bleiben kann. Kein Problem, kommt die Antwort aus dem Büro in Bremerhaven. Allerdings soll ich die neue Verwalterin beim Ausklarieren in Kaliningrad unterstützen. Da sage ich: kein Problem. So sitzen wir gemütlich zu zweit in unserem Verwalter-Kämmerchen, eine liest die Passnummern und die Visanummern vor, die andere tippt ein.


Mit Teamwork geht alles schneller und so genieße ich einen Großteil der Reise an Deck im Sonnenschein. Kaliningrad und Gdynia, der Hafen von Danzig, liegen nur ca. 80 Seemeilen auseinander, und so komme ich zu einem gemütlichen 24 h Tagestörn.






Kaliningrad


So ganz ohne die typischen touristischen Besichtigungspunkte wollte ich Kaliningrad doch nicht verlassen.



Also habe ich mir den Wecker auf fünf Uhr morgens gestellt. Da das Boot um acht Uhr starten wollte, war das die einzige Zeitlücke, die möglich war. Demzufolge bin ich durch ein morgendliches, menschenleeres Kaliningrad gelaufen. Einzig die Straßenkehrer und Straßenkehrinnen haben mir Gesellschaft geleistet. Besonders die Dominsel hat mich beeindruckt. Überall sind Tafeln aufgestellt, auf denen Fotografien aus der Vorkriegszeit abgebildet sind. Wenn man dann um sich blickt, sieht man – nichts davon. Auf der Dominsel gibt es außer dem Dom kein einziges Gebäude. Alles ist ein großzügiger schön angelegter Park. Das fand ich ziemlich spooky. Zumal morgens um halb sieben außer ein paar Joggerinnen und ein paar Anglern niemand unterwegs war.




Die Alexander von Humboldt 2 liegt im Industriehafen von Kaliningrad. Für den Stadthafen direkt am Museum der Weltmeere sind die Masten zu hoch. Die Hubbrücke geht nur auf 15 m hoch, und direkt dahinter spannen die Strommasten ihre Kabel über den Pregel, eher 20 m über dem Fluss statt der knapp 40 m, die die Alex benötigt.




Das moderne Kaliningrad wirkt auf mich wie eine normale sozialistische Stadt, die in sich authentisch ist. Da ich keinerlei Verwandtschaft aus Ostpreußen, Samland oder Schlesien habe, verbindet mich nichts mit dem deutschen preußischen Königsberg. Ich sehe das russische Kaliningrad und nehme es an, wie es ist. Und habe zig Fragen an die russischen Gäste auf dem Empfang des deutschen Generalkonsulats auf der Alex.

Welches reale Segelschiff mit Heimathafen Archangelsk  ist auf dem 500-Rubelschein abgebildet?

Hat jede russische Stadt eine ewige Flamme zum Gedenken an die gefallenen Soldaten? Ein solches Denkmal habe ich nämlich in Kaliningrad und in Zelenogradsk gesehen.  Und an welchen Krieg erinnert das zugehörige Denkmal? 2. Weltkrieg oder auch 1. Weltkrieg?



Liegt die Kruzensthern im Moment auch in Kaliningrad? Ihr Heimathafen ist nämlich Baltysk, der Seehafen von Kaliningrad. Und da der Kapitän auf dem Empfang ist, erscheint mir das eine logische Frage.

Wie funktioniert das mit den Autokennzeichen? Fast alle Autos haben nämlich ein Kennzeichen mit einer 39 über der russischen Flagge auf der rechten Seite. In den restlichen Buchstaben-Zahlen-Kombinationen (1 Buchstabe, 3 Zahlen, 2 Buchstaben) kann ich nämlich kein Muster erkennen. Und gibt es sowas wie einen TÜV? Auf den Kennzeichen ist nämlich keine Plakette zu sehen.

Ist der Heißwasserturm des Caterers sowas wie ein moderner Samowar?

Der Generalkonsul hat vorwiegend deutschsprachige Menschen eingeladen. Und so plaudere ich mit meinem beruflichen Counterpart von der TU Kaliningrad, der mir von seinen Ausgründungsprojekten im Bereich Fischverwertung erzählt, mit einem Kumpel von ihm über die Sonderwirtschaftszone Kaliningrad und die ab Montag gültigen neuen Visa-Bestimmungen, mit einer Deutschlehrerin, die ursprünglich aus Kasachstan stammt (und keinen Akzent hat!), einem Stadtführer der Freunde Kants, mit dem Kapitän der Kruzenshtern, der Frau des Generalkonsuls und und und. Es ist einfach vergnüglich mit so vielen Leuten zu reden. Und das Orchester ist einfach grandios.


Und hier die Antworten:
Es ist kein reales Schiff auf dem 500-Rubel-Schein, keines der Segelschulschiffe der russischen Marine hat Archangelsk als Heimathafen.

Fast jede russische Stadt hat so eine ewige Flamme. Ursprünglich gedacht zur Ehrung der Gefallenen im 2. Weltkrieg dient sie heute auch zur Erinnerung an die Gefallenen der neueren Kriege, wie die Tschetschenien-Kriege.

Die Kruzenshtern ist zur Zeit unterwegs auf den Weltmeeren, konkret in der Nordsee auf dem Weg nach Kiel. Er, der Kapitän Michail W. Nowikow unterstützt die anderen Kapitäne in der Ausbildung, deshalb ist er im Moment vor Ort.

Die 39 kennzeichnet den Rajon Kaliningrad, die Buchstaben-Zahlen-Kombination ist zufällig, ohne eine Struktur dahinter. Einen TÜV gibt es nicht. Einzig die Versicherung verlangt, dass man jedes Jahr eine Untersuchung machen lässt. Oder einen Aufpreis zahlt.

Und der Heißwasserturm als moderner Samowar? Der Caterer lacht sich schlapp darüber. Und ich kriege keine Antwort.