Mittwoch, 28. Juni 2017

Hotel Bonhoeffer in Berlin-Mitte

Alle Jahre wieder gönne ich mir eine Fortbildung beim Centrum für Hochschulentwicklung (CHE). Sündhaft teuer, deshalb kann ich da nur alle paar Jahre hin, aber immer hochgradig intensiv und professionell. Und immer in guter Umgebung. Beim ersten Mal, 2012, zum Thema Sponsoring und Private-Public-Partnership waren wir noch in einer hochvornehmen Art deco-Stuck-Villa, dem Harnack-Haus in Berlin-Dahlem. Total schick, aber irre weit draußen. Vor zwei Jahren, 2015, zum Thema Projektmanagement, war das Seminar schon in Berlin-Mitte, im Hotel Bonhoeffer. Und wie der Name vermuten lässt, es ist eins von ich weiß nicht wievielen Evangelischen Tagungshotels. Wovon die besondere Atmosphäre zeugt. Im Aufzug hängt direkt unter der Wettervorhersage die Tageslosung, im dritten Stock gibt es eine Kapelle, und das Miteinander der Angestellten erzeugt bei mir ein gutes Gefühl. Das kenne ich auf Dienstreisen in normalen Hotels auch ganz anders. Als ich gestern durch die Tür komme, begrüßt mich der Portier mit meinem Namen. Er erinnert sich tatsächlich an mich. Ich erinnere nur noch die freundliche Atmosphäre, den netten Umgang mit mir als Gästin (Übrigens ein Wort, das Luther geprägt hat, so neu ist geschlechtergerechte Sprache eben doch nicht☺). Dieses Jahr ist das Thema Mikropolitik. Passt zum Tagungssaal, der Geschichte geschrieben hst. Hier, im Kirchensaal des Bonhoeffer Hotels tagte der Runde Tisch Berlin in der Wendezeit.
Fortbildung heißt neues lernen. Jede Menge Theorie am ersten Tag. Mikropolitik hat mit Macht zu tun, knappen Ressourcen, Ethik bzw. dem Umgang von Menschen miteinander. Als ich mir vor Übermüdung, Überforderung, Überreizung nicht mehr zu helfen weiß, flüchte ich in die Kapelle. Die Bibel ist aufgeschlagen bei Psalm 36. Eingebettet in Klagen über Menschen, die nur ihren Vorteil suchen und andere benachteiligen, steht da in Vers 6-10: 6  HERR, deine Güte reicht, so weit der Himmel ist, und deine Wahrheit, so weit die Wolken gehen. 7 Deine Gerechtigkeit steht wie die Berge Gottes / und dein Recht wie die große Tiefe. HERR, du hilfst Menschen und Tieren. 8 Wie köstlich ist deine Güte, Gott, dass Menschenkinder unter dem Schatten deiner Flügel Zuflucht haben! 9 Sie werden satt von den reichen Gütern deines Hauses, und du tränkst sie mit Wonne wie mit einem Strom. 10 Denn bei dir ist die Quelle des Lebens, und in deinem Lichte sehen wir das Licht. (Die Bibel nach Martin Luthers Übersetzung, revidiert 2017, © 2016 Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart).

Vor allem der Satz "Du hilfst Menschen und Tieren", dass "Menschenkinder [...] Zuflucht haben"  spricht mich an. Da gehe ich gestärkt ins Seminar zurück und fühle mich behütet.

Sonntag, 25. Juni 2017

Sommernachtstanzen

Samstag Abend. Geplant habe ich nach Kamp hinter Anklam zu fahren. Dort ist, wie jedes Jahr, Hafenfestival mit Wenzel. Mein Kollege Ralf mit seinen Leuten ist da, mein Kollege Thomas will mit Familie da hin, seit Jahren ist die Rede davon, dort hin zu fahren. Doch dann regnet es, das Thermometer stürzt von 30 auf 17 Grad. Da ist ein Open-Air-Festival nicht so das Wahre. So nett ich die Musik von Wenzel finde, ich bin eben doch kein echter Fan. Einen Versuch starte ich noch, als ich vormittags meine Nachbarin Simone im Hausflur treffe. Doch den Zahn zieht sie mir gründlich, sie ist auf dem Weg in ihre Spätschicht. 21.15 Uhr sei sie zurück. Weil ich irgendwie doch tanzen gehen will, verabreden wir, dass wir auf´s Mikrofestival Quaiside bei uns in Stralsund am Hafen gehen, wenn sie Feierabend hat. Na guut. Und dann ist es 21.15 Uhr, es klingelt an der Haustür und ich ziehe einen Flunsch. Ich sitze gemütlich in meinem Bett, lese in meinem Kindl-Account, und will eigentlich nicht wirklich vor die Tür. Doch Simone brennt vor Aktivitätsdrang. Und lotst mich tatsächlich vor die Tür. Und danach rollt der Abend. Über meine Whatsapp-Gruppe "WhatsLos in Stralsund" weiß ich, dass Katrin in der Hafenkeipe zur Fähre mit Freundinnen sitzt, und auch überlegt auf´s Festival am Hafen zu gehen. Das Ende vom Lied ist, dass wir uns bei Hanni fest quatschen, die halbe Bude unterhalten, weil wir fünf Weiber einfach nur Spaß haben. Gegen Mitternacht wechseln wir die Location und gehen die 150 m zum Hafen. Und wundern uns, weil man so gar keine Musik hört. Der Mensch am Eingang erklärt uns, dass nur tagsüber LifeActs sind, und jetzt nur DJ-Musik läuft. Was soll´s. Statt vier Floors also nur drei, das ist aushaltbar. Wir reißen noch Witze, weil ein riesiges Schild nicht nur sagt, dass die Veranstaltung erst ab 18 Jahre ist, sondern Ausweispflicht herrscht. Und dann kriegen wir tatsächlich so was wie einen Mutti-Zettel vorgelegt. Wir!!! Wir sind beide Jahrgang 1963, also deutlich über 18! Ok, es geht darum, dass Quaiside wirklich Hafenkante heißt und nichts abgesperrt ist. Falls ich also betrunken im Hafenbecken lande und ertrinke, haben sie irgendwo einen Zettel, auf dem meine Ausweisnummer steht. Bullshit Sicherheitskonzept. Nicht mal meine echte Handynummer gebe ich auf dem Zettel an, geschweige denn die richtige Ausweisnummer. Immer diese Zahlendreher ... Und dann sind wir endlich auf dem Gelände, gehen in die Werkstatt, die Musik wird lauter, der Gang macht einen Knick, und wir stehen mitten auf dem Elektro-Techno-Dance Floor. Glück bis an die Halskrause und weit darüber hinaus. Der DJ versteht sein Geschäft, irgendwann nach anderthalb Stunden Tanzen merke ich, dass ich müde werde. Also raus an die frische Luft, in die Nähe des LKWs, der als Dancefloor für die Charts-Musik dient. Zum Glück gibt es Wasser in Glasflaschen, dass auch ich das coole Bierflaschen-Nuckel-Gefühl haben kann. Wir stehen an der Brüstung, Flaschen in der Hand, gucken über den Sund, die Tonnen für das Fahrwasser blinken im Takt der Musik. Tanzen auf der Ladeklappe eines LKWs ist eine irre wackelige Angelegenheit und macht richtig Spaß. Und dann wird es langsam hell über dem Wasser und wir machen uns gemütlich auf den Weg über die Sundpromenade auf nach Hause. Was ein Abend!

Freitag, 23. Juni 2017

A3

Was gibt es nicht alles an A3-Sachen. In meinem Leben habe ich nur Berührung mit zwei Sorten A3, bzw. seit heute mit der dritten Variante. Ich kenne gleich zwei Leute, die einen Audi A3 fahren, und habe natürlich jede Menge Umgang mit dem Papierformat A3. Ein kurzer Blick ins Internet bei Wikipedia lässt mich staunen. Und macht mir klar, dass es noch zwei weitere A3´s gibt, mit denen ich theoretisch Kontakt habe. Das eine ist die Autobahn A 3, die in meinem Leben aber eher nicht befahren wird. Ich fahre A 1 oder A 7, bzw. A 19 oder A 20. Dann gibt es natürlich noch die Besoldungsgruppe A 3 bei den Beamten. was aber bei mir an der Hochschule mit ihren B- und C-Gehältern nicht wirklich eine Rolle spielt. Menschen, die eine A-Besoldung kriegen würden, sind bei uns nicht verbeamtet, sondern angestellt, also raus aus der A-Zählung. Am gewichtigsten für mich ist natürlich das Papierformat A3. Ob in bunt oder weiß, Papier ist nun mal zur Zeit mein liebstes Bastelmaterial. Und nun gibt es ein neues A3 in meinem Leben. Und dieses A3 tritt nur in weiß auf, allerdings in ziemlich vielen unterschiedlichen Weiß-Schattierungen. Ich habe meine Zähne sanieren lassen. Immer, wenn ich auf dem Zahnarztstuhl lag, habe ich mir vorgestellt, mein Kiefer ist ein Gebäude, und die Geräusche entspringen dem Baulärm. Anders wäre das für mich gar nicht durchzuhalten gewesen. Denn gefühlt war ich jede Woche beim Zahnarzt, de facto nur jede zweite. Und nicht jeder Termin war so blutig.
Heute bin ich mit der ganzen Prozedur fertig geworden,  mein Gebiß ist wieder vollsändig, die neuen, falschen Zähne passen optisch genau zu den anderen, alten, echten Zähnen. Denn - ich habe die Zahnfarbe A3.

Dienstag, 20. Juni 2017

Dabei sein ist alles

Das wird ja immer als das goße Olympia-Motto verkauft: Dabei sein ist alles. Doch ich muss ehrlicherweise zugeben: Dabei sein UND gewinnen, dass macht den Tag so richtig süß.
Wenn einer mich fragt, ob ich Sport treibe, sage ich spontan nein. Sport ist Mord, da halte ich es mit Churchill. Denn meine Interpretation des Wortes Sport ist vor allem Anstrengung, Schmerz und Qual. Inkl. Schweiß und Tränen. Das ich knapp 3000 km des Jakobswegs gelaufen bin, dass ich jeden Dienstag Abend zum Feldenkrais gehe, dass ich einige kleinere und größere Fahrradtouren auf dem Buckel habe, das zählt für mich nicht unter die Sport-Mord-Variante. Das ist Bewegung, Fun, Ferienerlebnis. Genauso wie Tanzen, Hotten, Zappeln. Und ebenso Spaß und Freude wie so wunderbarer Blödsinn, mit Teilen der Belegschaft meiner Hochschule beim offenen Kreis-Drachenboot-Turnier teil zu nehmen. Da ich bei den beiden Trainingsterminen schon anderweitig belegt war, bin ich also zu Anlass des Rennens zum ersten Mal in so ein Boot gestiegen. Und ich war beileibe nicht die Einzige, bei der das so war. Immerhin haben wir Bildungsmenschen einen respektablen 6. Platz heraus gerudert, unsere Studis haben ganz knapp den 1. Platz verpasst. Zweitbester und Zweitletzer für die Hochschule Stralsund. Dabei sein ist alles! Aber dann, vier Wochen später, haben wir beim Stadtradeln den 1. Platz gemacht mit unserem Hochschul-Team. Ich habe mal wieder gemerkt, dass ich jede Woche 50 km einfach mal so Fahrrad fahre. 9.900 km sind wir alle zusammen geradelt. Süßer Sieg über das ehrgeizige Sundflitzer-Team, die jeden Abend nochmal für eine Extrarunde aufs Fahrrad gestiegen sind, wenn wir als Hochschule mal wieder über den Tag mehr Kilometer gemacht hatten. Beim Drachenbootrennen waren sie noch besser als wir ...





Botschaften aus der Vergangenheit



Ich bin dabei mein altes Büro aufzuräumen bis in die hintersten Tiefen des Schreibtischs. Dabei habe ich nicht nur uralte Visitenkarten gefunden, die von Projekten zeugen, die längst abgerechnet sind. Ich habe auch einen fisseligen Zettel gefunden, auf dem mein Passwort für PayPal notiert ist. Nun muss man wissen, diesen Zettel suche ich seit locker zwei Jahren. Meine Passwörter unterliegen zwei Regeln. Zum einen gibt es eine zeitliche Entwicklung, eine Stratigraphie der Passwörter. Zum anderen sind dienstliche und private Passwörter unterschiedlich. Erschwerend kommt hinzu, dass ich mehrere E-Mail-Adressen habe. Und über die Anzahl der verschiedenen von mir benutzten Varianten des Nutzerinnen-Namens will ich gar nicht spekulieren. Für mein privates Passwort hatte ich mir damals, als das anfing mit E-Mail-Konten, überlegt, was kann niemand wissen außer mir. Und habe das journalistische Kürzel meiner ersten großen Liebe genommen. Das war damals schon 15-20 Jahre her. Ich hatte keinerlei Kontakt mehr zu den Leuten von früher, insofern erschien es mir eine sichere Sache. Pustekuchen. Unsicheres Passwort war die Rückmeldung. Zum einen weil es dann doch ein amerikanischer Frauenvorname ist, zum anderen weil es keine Sonderzeichen und Ziffern enthält. Enthielt! Nachdem es moniert wurde, habe ich eine Zahl eingefügt. Hat trotzdem nicht geholfen, das Passwort wurde geknackt und es wurde auf meinen Amazon-Account in Amerika eingekauft. Insofern habe ich alle privaten Passwörter geändert. Dachte ich. Der gefundene Zettel sagt nun etwas anderes. Da ist also nicht nur Handlungsbedarf, sondern auch endlich Handlungsmöglichkeit. Jetzt ist nur noch die Frage, wie das Passwort bei der Bahn für den Firmenkundenaccount war. Da komme ich im Augenblick nämlich auch nicht rein.

Montag, 19. Juni 2017

Reisevorbereitungen

Langsam wird es ernst. Am Dienstag, 27.6., starte ich mit vollbeladenem PKW zu meiner Sommer-Tour. Nicht vom NDR, sondern von mir, aber auch mit einem Haufen Konzerten. Was braucht frau in vier Wochen an Klamotten?  Das hängt vom Anlass ab. Beginn der Reise sind zwei Tage Fortbildung zu Macht und Mikropolitik in Hochschulen in Berlin-Mitte. Und der Abschluss ist das Sommerfest der Ehrenamtsstiftung in Schwerin. Sprich schickes Sommerkleid mit Jacke und passenden Schuhen und Handtasche ist Pflicht. Dazwischen Touristin in der Stadt und fünf Tage Folk-Festival, entweder im Regen oder im Staub. Das heißt zusätzlich auch noch Zelt, Schlafsack, Thermomatte, Kocher, Küchenkram und und und. Weltkulturerbe heißt bei mir natürlich auch Literatur und Informationen zu den Denkmälern. Ein Hoch auf moderne Medien. Mein Tablet ist voll mit PDF-Dateien und ich habe nur ein paar Ausdrucke vor allem von Lageplänen. Das Auto wird trotzdem ziemlich voll.
Der dicke Packen der Vorbereitung ist auch gar nicht das Packen selbst. Die Herausforderung ist das drum herum. Wann bin ich wo? Wer fährt wo mit? Bei wem übernachte ich wann? Ich bin ja unter der Woche unterwegs. Die Leute, wo ich zu Besuch bin, müssen arbeiten. Wem bringe ich was mit? Und - die wichtigste Frage von allen: wie gestalte ich die Reise so, dass ich mich nicht überfordere. Jeden Tag in einem anderen Weltkulturerbe UND jede Nacht woanders schlafen ist zuviel für mich, wenn ich alleine unterwegs bin. Das sind dann zuviel Eindrücke und zu wenig Kontinuität. Also bin ich bei den meisten Leuten zwei Tage. Zum Glück ist Deutschland gespickt voll mit Weltkulturerbe, so dass eine Übernachtung zwei Denkmäler abdeckt.
Auf meinen Mitreisende-Aufruf hin haben sich tatsächlich einige liebe Menschen bei mir gemeldet. Die allermeisten Tage kann ich meine Erlebnisse teilen. Was logistisch auch nochmal eine Herausforderung ist. Online-Eintrittskarten buchen geht halt nur, wenn Treffpunkt und Uhrzeit schon vereinbart sind. In die Anna-Amalia-Bibliothek dürfen nur 290 Personen am Tag. Das war knapp mit der Buchung. Und beim Asisi-Panorama in Wittenberg war ich auch bei den letzten 100 frei verfügbaren Karten.
Jetzt sind die Eckdaten alle fest gezurrt. Ich entspanne mich und genieße all die Überraschungen und ungeplanten Erlebnisse. Veränderung ist ein Zeichen von Lebendigkeit. Und gute Planung gibt die notwendige Sicherheit.

Schote des Tages

Mein Fahrrad ist weg! Oder doch nicht?
Heute morgen, Montag, komme ich aus der Tür, will mit dem Fahrrad zur Arbeit, doch mein Fahrrad ist weg. Steht weder vor noch hinter dem Haus. Geklaut? Oder doch nicht? Aber der Reihe nach. Samstag hatte ich ein emotionales Erlebnis zuviel, von einer ganzen Reihe von schönen und schwierigen Erlebnissen an diesem Tag. Fakt war, dass ich ziemlich viel geweint habe, viel mit mir gehadert habe, völlig belegt war, emotional, gedanklich, wie auch immer. Trotzdem hatte ich mich abends soweit gefangen, dass ich zu "Sing a Song" in der Baptisten-Gemeinde gegangen bin. Was schön war, auch wenn ich mit den zu christlichen Liedern dann doch ein wenig Probleme habe. Womit ich keine Probleme hatte, was wunderschön war, war der Chor Celebration aus der befreundeten Gemeinde in Mühlhausen, Thüringen. Wunderbare Lieder mit wunderbaren Texten. Über Masken, die man trägt, dass Gott einen so geschaffen hat, wie man ist, und es deshalb logisch ist, dass man so geliebt ist, so gewollt ist, wie man ist. Was in meiner psychischen Verfassung natürlich Labsal war, mich aber nicht unbedingt stabilisiert hat. Egal. Hart wie Kruppstahl, zäh wie Leder. Ich hatte mich mit einer Freundin verabredet zum Fest der AG Flüchtlingshilfe im Bürgergarten am Teich. Dort gibt es genug Gelände, dass ich eine gute Stunde am Teich sitzen konnte, aufs Wasser geschaut habe, und mich wieder beruhigt habe. Dachte ich. Habe mich ganz normal mit den Leuten unterhalten, die ich kenne, habe mit ein paar von den Flüchtlingen gequatscht, ein netter Abend. Und bin dann nach Hause. Der Bürgergarten ist so nah bei mir um die Ecke, dass ich da immer zu Fuß hingehe. Also bin ich auch zu Fuß nach Hause. Nur - hin bin ich mit dem Fahrrad. Da kam ich schließlich aus der Stadt. Jetzt kann ich nur hoffen, dass mein Fahrrad da heute Abend noch steht. In mir drin ist heute morgen gleich der ganze Film abgelaufen. Ärgern, Polizei, Anzeige, ärgern, neues Fahrrad besorgen, noch mehr ärgern. Dabei habe ich nur in meinem ganzen inneren Durcheinander vergessen, das Fahrrad Samstag Abend mit zu nehmen. Die ganze Geschichte macht mir nochmal klar, wie sehr emotionales Belegt- und Beschäftigt-Sein klares Denken und Wahrnehmen der Alltagsrealität beeinträchtigt.

Sonntag, 18. Juni 2017

Was bleibt, wenn eine geht



Ich habe Friedrichshof, das Haus, geliebt. Schon als es noch gar nicht wirklich unseres war, weil der Notar noch nicht alles fertig hatte, sondern nur die Vorverträge ausgefertigt waren, bin ich ein paarmal von Stralsund aus raus gefahren. Habe auf der Eisentreppe gesessen und dem Sonnenuntergang hinter den Eichen zu geguckt, die ruhige, warme Atmosphäre genossen. Mir war irgendwann klar, dass die Beziehung nicht mehr tragfähig war, aber im Haus wäre ich gerne geblieben. Doch diesen Machtkampf habe ich verloren. Und damit vielleicht auch den Boden unter den Füßen. Friedrichshof war mir wirklich ein Zuhause, eine Heimat. Ein Ort, wo ich mich eingewurzelt hatte. Jetzt, fast 10 Jahre später, erinnert im Haus nicht mehr viel an meine ordnende Hand, an meine Ideen, meine Gestaltung. Die Gardinen sind noch von mir, und große Teile des unteren Badezimmers. Selbst die Kräuterspirale, die wir zusammen angelegt haben, hat sich aufgelöst. Einzig die Blumen bleiben. Die Krokus-Teppiche unter den Eichen im zeitigen Frühjahr, die Fülle an alten Rosen jetzt im Juni, im Herbst nachher die Astern. Mehr ist nicht von mir geblieben in Friedrichshof.


Montag, 12. Juni 2017

Es gibt immer eine, die besser ist



Vor allem gibt es immer einen der besser ist. Ich gehe mit Männern noch schneller in Konkurrenz als mit Frauen. Ich wäre gerne eine begnadete Bastlerin, ich würde gerne super gut kochen können, ich wäre gerne erfolgreich und reich (geldreich als Analogie zu erfolgreich gibt es irgendwie nicht in der deutschen Sprache). Dabei kann ich ganz gut kochen, das was ich im Alltag an Basteleien brauche, kriege ich hin. Ich verdiene gutes Geld, und – nun je – wonach bemisst sich Erfolg? Denn genau das ist doch das Problem an dieser Sorte Wünsche. Sie lassen sich nur erfüllen über einen Vergleich. Ich gehe damit in Konkurrenz zu wem auch immer. Entweder bin ich schlechter (und fühle mich dann schlecht) oder ich bin besser (und fühle mich auch schlecht, weil ich vermute, dass ich verursache, dass der andere sich schlecht fühlt). Und in diesem Riesen-Universum gibt es immer jemand, der dieses oder jenes besser kann als ich. Deutlich besser. Wenn ich an all die großen Dichter und Dichterinnen denke, dann könnte ich verzagen. So gut werde ich nie schreiben und mit Sprache umgehen können. Oder all die Journalisten und Schriftstellerinnen, so professionell werde ich nie schreiben.
Warum auch? Sie sind nicht ich und ich bin nicht sie. Meine Stimme, meine Worte sind Ausdruck meiner Selbst und als solches genau richtig für mich, für meine Bedürfnisse, für mein Leben. Und müssen ausgedrückt werden durch mich. Wer sonst soll mich ausdrücken außer mir? Nur ich kann das tun. Nur meine Stimme macht das Konzert meines Lebens vollständig.
Das Gute an der Vergleicherei ist, dass es mir zeigt, was mir wichtig ist. Und mir zeigt, wohin ich wachsen kann. Deine Sehnsüchte sind deine Möglichkeiten von Robert Browning ist gerade meine Spruch bei Whatsapp.
Das Gleiche ist mit dem Singen. Ich kann ganz passabel singen, aber es wird nie für eine Solorolle in einem Laienspiel reichen. Warum auch? Das ist etwas, nach dem ich mich eben nicht sehne. Ich möchte singen, aber ich möchte nicht Leadsängerin sein. Die Show moderieren, das sofort. Aber das ist keine Sehnsucht, sondern eine reelle Erfahrung. Das war eine Sehnsucht, und ist nun eine Möglichkeit.
Wohin führen mich meine Sehnsüchte jetzt? Wenn sie doch meine Möglichkeiten sind, dann geht der Weg dort entlang. Auf Reisen, erst durch Deutschland, in den nächsten Jahren hoffentlich wieder in die weite Welt. In die Spiritualität, in ein Vertrautsein mit den Geistern, mit Gott, der Allschöpferin oder wie auch immer es sich mir zeigt. In eine neue Beziehung, die momentan größte Sehnsucht und größte Angst. An der Angst geht es entlang sagt Fritz Pearls. Oder war es Viktor Frankl?
Das Sein, mein Sein, mein Ich-Sein als genau richtig, als nicht zu viel und nicht zu wenig begreifen. Und trotzdem Wachsen, weiter wachsen einem wie auch immer gearteten, unbestimmten Ziel zu.

Freitag, 9. Juni 2017

Den Geist ausgiessen

Nein, jetzt kommt keine christliche Predigt zum Pfingstfest. Obwohl - ein bisschen ist es schon so: Wo das Herz von voll ist, soll der Mund von reden. Nur ist im Moment mein Gehirn mit Sachen von der Arbeit so übervoll, dass zum einen das Herz nicht viel zu sagen hat, und zum anderen meine geistige Kreativität voll belegt ist.
Wenn mich jemand fragt, ob ich kreativ bin, sage ich spontan nein. Meine zeichnerischen und gestalterischen Künste haben in einem DIY-Umfeld bestenfalls Schulnote 3. Befriedigend. Reicht so beim Ostereier anmalen, Adventskranz herstellen, solche Sachen. Wirklich ausleben kann ich meine mir eigene Kreativität im Organisatorischen. Es ist kein Zufall, dass ich in meinem ersten Berufsleben Hotelfachfrau geworden bin. Gib mir die Art des Events, die Anzahl der Gäste, sprich mit mir die Location und das Budget durch, und der Laden läuft. All die vielen kleinen 1000 Anforderungen kriege ich relativ souverän geregelt. Wenn das eine nicht klappt, habe ich mindestens zehn Ideen, wie es anders klappen kann. Kreativität eben.
Solche 2000 kleinen Anforderungen (und drei große) habe ich im Moment auf der Arbeit. Organisation einer hochkomplexen Reise zu den Hochschulen, die auch Frauenstudiengänge haben mit Leitfaden-gestutztem Interviews, einen Antrag zum Arbeitgeberpreis 2017 Mädchen und Technik, der Rechenschaftsbericht der Gleichstellung 2016, dazu zwei kleinere Anträge an die Gleichstellungskommission und das Rektorat, dann der Fortgang der Bilder für die neue Website, eine Anleitung zur geschlechtergerechten Sprache für die Hochschule, und und und.
Letzteres ist etwas, damit haben sich schon Myriaden von Gleichstellungsbeauftragten auseinandergesetzt. Aber nun bin ich gefordert für meine Hochschule. Zum Glück habe ich Spaß an Sprache und bin da auch kreativ. Einen Antrag und ein Statement habe ich schon abgegeben, warum es geschlechtergerechte Sprache an der Hochschule braucht, und wie das aussehen könnte. Ich mag das GenderSternchen, weil es eben alle Formen des Seins einschließt (und meine Gleichstellungskommission mag es auch ☺). Trotzdem braucht es Ideen darüber hinaus. Fast drei Seiten habe ich tabellarisch zusammengestellt, welche anderen Ausdrucks-Möglichkeiten es für einen Teil unserer Standard-Fälle gibt. Da habe ich wahrlich meinen Geist ausgegossen.