Montag, 18. Dezember 2017

Narben des Lebens

Als ich die hölzernen Engelfiguren von einer Studienfreundin geschenkt bekam, da waren sie wie neu. Nie benutzt. Sie begleiten mich jetzt seit mehr als 20 Jahren. Was man ihnen ansieht. Brandlöcher, geklebte Arme und Beine,  verlorene Musikinstrumente, angesengte Flügel. Jede Adventszeit hole ich sie aus der Schachtel, in der sie seit über 40 Jahren aufbewahrt werden. Zünde die roten Kerzen an. Erfreue mich. Und schwöre mir, besser aufzupassen. Und dann passiert doch etwas Unvorhergesehenes. Sie tragen die Narben eines lebendigen Lebens.

Donnerstag, 14. Dezember 2017

Globale Geographie?

Ich bin immer wieder in der Pampa unterwegs.

(Netz-)Wüste im Hochwald. Argentinien, Algerien, Alpen? Nein – Wanderung im Schwarzwald. Was für mein Handy aber nur eines bedeutet: kein Empfang.

Reise im IC durch Nordrhein-Westfalen, durch Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern. Auch hier das Pampa-Gefühl in der Netz-Wüste. Westen, Norden, Osten.

Mit meiner blauen Regenjacke, gekauft im Westen, dauerhaft getragen im Nordosten, streife ich durch den Südwesten. Himmelsrichtungen, Länderecken in Deutschland.



Egal wo ich bin, mich selbst trage ich immer bei mir, eingespannt in das Himmelsnetz der Windrichtungen

Mittwoch, 13. Dezember 2017

Kurvendefinition

Knapp 12 kg habe ich jetzt abgenommen. Ich sehe das nicht im Spiegel, aber die Hosen rutschen und ich werde angesprochen, dass ich dünner aussehe. Jetzt muss ich die nächste Entscheidung treffen. So bleiben oder weiter abnehmen. Im Monatstip meiner Freundin (und Coach und Trainerin) Eva Thomas war im November ein Tip "Geht's noch", was wir unseren Körpern antun. Und dann ist die Sache klar. Weiter abnehmen. Für meine Knie und Gelenke ist es besser. Ich muss nur mit mir selbst eine Kurvendis(s)kussion führen. Ich mag meine Kurven, so wie sie sind. Mich selber nicht dissen und auf Kurvendefinition vertrauen. Und erst einmal für drei Monate das jetztige Gewicht stabilisieren, bevor es weiter geht.

Zwischenzeitlich aber ist Vorweihnachtszeit und überall lockt die süsse Versuchung. In meinem Büro steht der Schoko-Adventskalender. Ich bleibe standhaft und verwöhne meine Besucher*innen mit einem Schokostückchen zum Kaffee.

Dienstag, 12. Dezember 2017

Woche der Weihnachtsfeiern

Nun ist der Mensch ein soziales Wesen und ich natürlich auch. Insofern bin ich in diversen Grüppchen, Gruppierungen, Freundeskreisen und natürlich Teil eines Teams auf der Arbeit. Fast alle haben sich für diese Woche entschieden, um die Jahresendfeier durch zu führen. Jeden Tag sitze ich also diese Woche mit Leuten zusammen, trinke Glühwein, oder esse Kekse und Stollen. An manchen Tagen sogar zweimal. Gestern und Donnerstag zwei Feiern, morgen die ganz große Weihnachtsfeier der HOST, Freitag mit meinem Jahreskreis Wintersonnenwende. Samstag werde ich den ganzen Tag damit verbringen mich auszukurieren und den fehlenden Schlaf nachzuholen. Denn dazwischen will die normale Arbeit natürlich auch noch gemacht werden.

Montag, 4. Dezember 2017

Alltägliche Risiken

Alle reden über Terrorgefahr auf den Weihnachtsmärkten. Über die wirklich häufigen Gefährdungspotentiale, darüber redet kaum einer. Im Moment muss ich dreimal die Woche nach Greifswald. Nun bin ich selbst auch eher eine forsche Fahrerin. Doch überholt werden, wenn man selbst auf der Landstraße mit 110 oder 120 km/h unterwegs ist, heißt im Klartext, der andere ist noch schneller zu schnell. Heute auf dem Hinweg sehe ich die Lichterschlange der entgegen kommenden Autos stehen. Ein Unfall an der Einmündung auf die Bundesstraße. Ich fahre an der Unfallstelle vorbei, sehe die beiden zerbeulten PKWs. Als mir der zweite und dritte Rettungswagen mit Blaulicht und Tatütata entgegen kommt, wird mir doch ganz anders. Auf dem Rückweg kommen mir die Rettungswagen auf dem Weg inns Klinikum Greifswald wieder entgegen. Also fahre ich extrem vorschriftsmässig. Zum Glück. Im Wald laufen mir dann auch noch zwei Hirschkühe fast ins Auto. Als ich an der Unfallstelle vorbei komme, stehen die beiden Unfallautos verlassen an ihrer Einmündung, ein Polizeiauto hält noch Wacht. Wer räumt eigentlich jetzt diese Autos weg?

Montag, 27. November 2017

Moderne Funktionsarchitektur

Seit ich auf meiner Deutschlandreise soviel Bauhaus gesehen habe, ist mein Blick für Moderne Architektur noch geschärfter. Ich mag klare Formen, kräftige Farben und erkennbare Funktion an einem Gebäude.
Ich mag es, wenn ein Gebäude eindeutig eine moderne Formensprache aufweist, auch inmitten eines Gebäudeensembles oder Stadtviertels aus einer anderen Zeit. D.h. ich mag das Ozeaneum in seinen hellen geschwungenen Stahlformen inmitten der dunkelroten kantigen Backsteinspeicher aus dem 19. Jahrhundert.
Hier in Mülheim, an der Hochschule Ruhr West ist es andersherum. Inmitten eines bunten, gewachsenen Viertels aus der Jahrhundertwende um 1900 mit den verputzten und bemalten Fassaden der gründerzeitlichen Wohnhäuser steht der eckige Campus mit seinen Hochschulgebäuden aus graugelbem Klinker, Glas und rötlichen Metallrippen und -rahmungen.


 Aussen eckig, innen rund


Sonntag, 26. November 2017

Mittelzentrum

Die Definition für Großstadt heisst ab 100.000 Einwohner*innen aufwärts. Davon gibt es in Deutschland 79 Stück. Wenn ich mir die Liste angucke, kenne ich die allermeisten. Lücken sind vor allem im Ruhrgebiet, wo ich die Städte nur vom Namen auf dem Autobahnschild oder vom Durchfahren mit dem Zug kenne. Doch dieses Wochenende verbringe ich in Mülheim und schliesse ein paar Wissenslücken. Mülheim hat ca. 170.000 Einwohner und zählt damit als Großstadt. Nur - Mülheim liegt im Ruhrgebiet, in unmittelbarer Nähe von wirklichen Großstädten.

Stralsund ist - gemeinsam mit Greifswald -  ein Oberzentrum. Mülheim ist nur ein Mittelzentrum. Mittel- und Oberzentrum sind geographische Begriffe, die in der Städte- und Raumplanung definieren, was eine Stadt im Gegensatz zum Umland an Institutionen, Einkaufsmöglichkeiten und Verwaltung hat. Bei mir in Vorpommern ist Ribnitz-Damgarten ein Mittelzentrum, im Ruhrgebiet heissen die Oberzentren Düsseldorf und Essen.  Und dann wird schon klar, wo mich der Schuh drückt. Mülheim hat ca. 170.000 Einwohner*innen, Stralsund und Greifswald zusammen kommen nicht mal auf 120.00. In meinem Oberzentrum Stralsund mit knapp 60.000 Einwohner*innen ist der Hund verfroren, so wie im Mittelzentrum Mülheim. In beiden werden die Bürgersteige gegen 19 Uhr hoch geklappt,  ist das Kultur-  und Shopping- Angebot überschaubar. Woran man mal wieder sieht, reine Zahlenwerte sagen nicht viel über die Wirklichkeit. Was zählt, ist das Gesamtbild. Und da unterscheiden sich Mülheim und Stralsund nicht wirklich. Ich habe ziemlich recherchiert, bis ich ein ansprechendes Besuchsprogramm in Mülheim zusammen hatte.
Livemusik

In Rick's Cafe 

Donnerstag, 23. November 2017

Kalenderblätter

Aus dem Alltag einer Gleichstellungsbeauftragten:
Bei uns an der Hochschule gibt es ein student racing Team, dass ziemlich erfolgreich an den student formula teilnimmt.
Baltic Racing Team der Hochschule Stralsund 2017
Wir waren die erste Hochschule, die so ein Team in Deutschland gegründet hat, und die Herausforderung ist jedes Jahr: Woher das Geld für den Bau eines Rennwagens hernehmen? Wir sind eine strukturschwache Region, da ist das gar nicht so einfach, Firmen zu finden, die dafür (viel) Geld geben. Zum Mythos Formel 1 gehört das Boxenluder, und so wird seit Jahr und Tag vom Racing Team ein Kalender produziert, mal mit mehr, mal mit weniger Frauenhaut. Über die Jahre habe ich mich mit dem Racing Team und Mitgliedern der Hochschule gezofft, über Sexismus, nackte Frauenhaut, sexy oder erotisch, Image der Hochschule, Rollenstereotype. Ein paar Jahre durfte ich den Kalender vorher sehen, so dass ich auf die Diskussionen vorbereitet war. Über die Jahre war immer mal wieder ein Kalenderblatt dabei, dass mich amüsiert hat. Intelligent, witzig, ansprechend.

Baltic Racing Team Kalender Dezember 2011
Dieses Jahr ist die Diskussion umgekehrt. Die Anhänger der Pin up-Kalender sind völlig frustiert und ich bin beglückt. Die Studierenden haben (natürlich mit dem Rennwagen) in der Stadt und Umgebung Filmszenen, berühmte Fotos und bekannte Plattencover inszeniert. Wunder-, wunderschön. Das ist der erste Racing Team Kalender, den ich mir gekauft habe.

Montag, 23. Oktober 2017

Schriftsprachen(n)



Bis auf die Kernzonen der Nationalparke wird in Deutschland alle Landschaft bewirtschaftet. So auch die Wälder im Schwarzwald. Mir begegnen auf meiner heutigen Wanderung immer wieder Stapel frisch geschlagenen Kiefernholzes. 





Holz, beschriftet mit seltsamen Zeichen, verwirrenden Angaben. Einzig sicher ist für mich: es gibt vier verschiedene Dosensprayfarben: grün, blau, orange, rosa. Und es hatte jemand zusätzlich einen blauen Wachskreidestift in seiner Hosentasche gehabt. Naja, die Hosentasche lässt sich noch diskutieren.

Nun hat sich Schrift, nach allem was wir von Linear A und Linear B aus Kreta wissen, entwickelt, um wirtschaftliche Vorgänge zu erfassen und zu beschreiben. Vor mir sehe ich ein leuchtendes Beispiel. Kein Linear C, kein Geheimcode, sondern eine spezifische Fachschrift des 21. Jahrhunderts (und vermutlich schon des 19. und 20. Jahrhunderts). Forstwirtschaftliches Fachwissen, verpackt in forstwirtschaftliche Fachschrift.

Schwarzwälder Gastlichkeit



Nach acht Stunden auf der Autobahn taumle ich in die Gastwirtschaft und das Hotel Goldener Rabe, wo ich mich für meinen Furtwangen-Aufenthalt eingebucht habe. Ein Blick der Gastwirtin auf mich, und wie aus der Pistole geschossen kommt die Frage: Kirschwasser oder Himbeergeist? Ich sehe wohl so fertig aus, wie ich mich fühle.

Nachdem ich meine Sachen ausgeladen habe, lasse ich mich in der Gaststube am gemütlich bullernden Kachelofen nieder. Als ich am nächsten Abend von meiner Wanderung wieder komme, ist dort reserviert. Auf meine Nachfrage kommt die lapidare Antwort, der Platz hat Ihnen doch gestern Abend schon gefallen, der ist für Sie reserviert.


Unterwegs auf den vielen Wanderwegen im Schwarzwald kehre ich im Brenzhof ein. Die Frau vorne im Kiosk verweist mich für den Kaffee in die Gastwirtschaft. Und gibt mir den Tipp, nach dem frisch gebackenen Kuchen zu fragen. Auf der Karte finde ich NICHTS. Aber ich bin ja dank des Tipps präpariert. Auf meine Nachfrage zählt der Kellner auf: frischer Pflaumenkuchen, Apfelstreusel, Mandarinen-Schmand-Kuchen und Käsekuchen. Der Mann an meinem Nachbartisch links nimmt den Pflaumenkuchen, das Pärchen rechts den Mandarinen-Schmand-Kuchen. Ich werde beim Käsekuchen schwach.


La Moresca in Jena

In Jena finde ich einen Aushang für eine Veranstaltung: La Moresca, Die Geheimnisse der Feen. Drei Teile, mit irischer, schottischer, keltischer Musik, sowohl Traditionals als auch Stücke von Purcell und Locke. Mit Tanz und Gesang. Im ersten Teil ist die Feen-Tänzerin ganz in weiß gekleidet, mit hellblauen und dunkelblauen Seidentüchern tanzt sie die Schönheit der Erde. Im dritten Teil, gekleidet in rot, tanzt sie die Schönheit des Lebens. Im mittleren Teil ist sie ganz in schwarz gekleidet. Wunderschön tanzt sie die Weisheit, den Winter, aber auch den Tod.
Und erzählt eine Geschichte, die mir immer noch nachklingt. Die mich triggert.

Ein junger Mann, begnadeter Jäger, ernährt mit seinen Künsten sein Dorf. Auf seinen Streifzügen kommt er an eine Höhle. Dort liegt ein Wolf mit gebrochenen Vorderpfoten, der von einem Raben Nahrung zu geworfen bekommt. Ihn beeindruckt das zutiefst, so dass er zuhause den weisen Mann danach fragt. Der bescheidet ihm, dass es für ihn eine Botschaft beinhaltet, wenn es so sein Herz berührt. Er geht wieder zurück zu der Höhle, wo die Situation unverändert ist. Der Wolf liegt mit gebrochenen Pfoten vor der Höhle, der Rabe bringt ihm Nahrung.
Der junge Mann legt sich daher unter einen Baum, und wartet darauf, dass ihm Nahrung gebracht wird, Doch nichts passiert. Als er todesschwach vor Hunger und Durst dort liegt, erscheint die schwarze Fee, und schilt ihn einen Narren. Er sei der Rabe, nicht der Wolf.

Was mich so triggert: Weder der weise Mann noch die schwarze Fee erkennen die Not des jungen Mannes.
Keiner scheint gemerkt zu haben, dass den jungen Mann vielleicht der Wunsch begleitet, auch mal versorgt zu werden. Dass er nicht immer nur leisten will. Dass er sich müde fühlt, sich mit dem Wolf mit den gebrochenen Pfoten identifiziert. Das den jungen Mann vielleicht auch eine Angst umtreibt, nicht mehr sein Dorf versorgen zu können, dass er sich Unterstützung wünscht in seinem Schaffen, in seinem Tun. Der weise Mann lässt ihn hängen, gibt sich geheimnisvoll. Kein Gespräch kommt zustande zwischen ihm und dem jungen Mann, wo diese Fragen thematisiert worden wären, hätten thematisiert werden können. Und auch die schwarze Fee lässt ihn sterben, haut ihm zum Abschluss noch eins zwischen die Hörner. Kann denn nicht mal einer helfen? Nachfragen, was los ist? Sich kümmern, mit denken, einfühlsam sein?

Donnerstag, 19. Oktober 2017

Kernberge in Jena

Mein Reise-Programm ist dicht gestrickt. Jeden Tag zwei bis drei Interviews, danach bin ich abends platt. Manchmal aber verschiebt sich vor Ort etwas, so dass ich den einen Tag vier Gespräche habe, den anderen dafür nur eines. So ähnlich heute. Statt ein Interview vormittags und eins nachmittags,  habe ich beide Gespräche vormittags. Um 12 Uhr war ich fertig mit dem Programm für den Tag.

Die Wettervorhersage für meine Reise war ja grottig. Regen, kalt, ich habe sogar meine Wärmflasche daraufhin eingepackt. Die Realität sieht mal wieder anders aus. Morgens 8 º C im feuchten Nebel,  spätestens mittags sind es 21 oder mehr Grad bei schönster Sonne.  Goldener Herbst.

Die Ernst-Abe-Hochschule liegt in Jena am Hang. Von dort habe ich einen wunderbaren Blick auf die Kernberge auf der anderen Seite des Saale-Tales.
Also schwinge ich mich ins Auto und fahre rüber. Ein sonniger Herbstwald empfängt mich. Der Südweg hinauf zum Fuchsturm führt mich entlang der Hangflanke durch sonnendurchglühtes Kalkgestein.
Die Muschelkalke, die hier anstehen, tragen Magerrasen mit letzten Sommerblumen. Oben angekommen schaue ich zurück auf die andere Seite zur Hochschule.
Der Nordweg führt durch den herbstlichen Eichen-Buchen-Mischwald, steil bergab raschelt das Laub unter meinen Füßen. Und ich in meinen Dienst-Schühchen. Nix Wanderschuhe.

Dienstag, 17. Oktober 2017

Hotel-Impressionen

In meinem allerersten Berufsleben habe ich Hotelfachfrau gelernt. In einem Dorint-Hotel, d.h. Hotelkette. Gearbeitet habe ich in einem Holiday-Inn, also wieder Kette, und in München in einem kleinen Familien-Hotel. Aus dieser Zeit stammt meine Vorliebe für kleine, andere Hotels. Ich weiß, was möglich ist an guter und individueller Gastlichkeit. Also suche ich, wenn ich unterwegs bin, gezielt nach Hotels, bei denen ich hoffe, diese Gastlichkeit zu finden. Manchmal klappt es, manchmal nicht.

In Bremen war ich in einem wundervoll plüschigen Hotel, Turmhotel Weserblick. Das war ein Hotel wie im Film aus den 30ern. Und die Lage direkt am Fluß auch himmlisch. Mein Zimmer im Souterrain war riesig, plus nettes Personal.













In Berlin war es ganz anders. Das Ambiente südostasiatisch, die Rezeption eindeutig überfordert, aber das winzige Zimmerchen unter´m Dach ok.














Heute bin ich wieder unter´m Dach einquartiert. Der Schwarze Bär in Jena ist seit 500 Jahren Hotel. Doch mein Zimmer ist ultramodern im Loft-Charakter mit sichtbarer Dusche, die Rezeption freundlich und zugewandt. Hotelkultur vom Feinsten.

Montag, 16. Oktober 2017

Chaotin unterwegs

Reisen ist schön, aber auch anstrengend.  Ich kenne das schon von anderen Dienstreisen. Es macht Spaß andere Hochschulen kennen zu lernen,  neue Leute zu treffen, sich fachlich auszutauschen. So geballt wie ich das im Moment mache, jeden Tag zwei bis drei Interviews a 90 Min., manchmal sogar vier Interviews,  das macht schon müde. Alle zwei Tage eine neue Stadt, eine neue Hochschule, auch das strengt an. Und prompt bricht sich das mir inne wohnende Chaos bahn. Was ich sonst unter Kontrolle habe, dafür ist jetzt keine Kapazität mehr. In Bremen im Hotel habe ich Thermoskanne und Handy-Ladekabel  liegen gelassen. Jetzt, wo ich mit dem Hochschulbus unterwegs bin, liegt das zugehörige Navi trocken und warm in der Hochschule. Mal sehen, was mir noch wegdriftet bis nächste Woche. Zum Glück bin ich aus langjähriger Erfahrung chaosproofed. Und habe ein gutes Orientierungsvermögen.

Mittwoch, 4. Oktober 2017

Deutschlandreise der anderen Art

Ab nächste Woche steht wieder eine Deutschlandreise für mich an. Ich besuche die fünf anderen Hochschulen in Deutschland, die auch einen Frauenstudiengang im Portfolio haben. Ich will wissen, was machen die an Marketing, wie läuft bei denen die interne und externe Kommunikation zum Studiengang, wie haben die Studentinnen den Frauenstudiengang entdeckt und und und.
Nun sind die Frauenstudiengänge ziemlich über das Bundesgebiet verstreut. In Wilhelmshaven kann man, genau wie bei uns, Wirtschaftsingenieurwesen studieren, Bremen, Berlin und Furtwangen bieten Informatikstudiengänge an und Jena glänzt mit einem Elektrotechnik-Studiengang. An jeder Hochschule habe ich anderthalb bis zwei Tage eingeplant, damit ich genug Zeit habe, mit den Leuten vor Ort zu sprechen. Und so fahre ich über Wilhelmshaven (und Oldenburg - Jade Hochschule mit drei Standorten) nach Bremen (mit vier Standorten, aber immerhin in einer Stadt). Nach einem kurzen Wochenend-Intermezzo in Stralsund geht es in der darauffolgenden Woche nach Berlin und Jena. Und wenn ich schon mal so weit im Süden bin, fahre ich gleich durch in den Schwarzwald. Da habe ich ein gemütliches Wochenende frei, bevor Montags und Dienstags die Gespräche in Furtwangen anstehen. Und dann über einen Zwischenstopp zurück nach Stralsund. Statt Weltkulturerbe gibt es diesmal Hochschulen zu begucken. Im November geht es nochmal los, dann nach Mülheim/Ruhr. Dort planen sie einen Frauenstudiengang Maschinenbau.

Mittwoch, 27. September 2017

Latenter Rassismus

Ich bin all dieser Sprüche und Kommentare so müde. Sowohl all der Leute, die mir erzählen, was für übles die Ausländer wieder gemacht haben, die sich bei mir über den Gender Schwachsinn aufregen und über die Politik, die die da oben machen. Ja, ich kenne mehr als nur ein paar Leute, die so denken. Und finde sie schwer erträglich, erst recht, wenn sie in Gruppen auftreten. Genauso mühsam finde ich aber auch den Umgang mit all den Menschen in meiner Umgebung, die sich über die AfD aufregen und über die Leute, die AfD wählen, aufregen. Der Ton, der Tonfall und die Tonlage, in dem beide Gruppen, beide Seiten sich aufregen, ist identisch. Inhaltlich erzählen sie unterschiedliche Geschichten. Strukturell ist es gleich, ist es die Ablehnung, die Verteufelung des Anderen. Meine Hochsensibilität schlägt bei diesem Ärger, dieser Wut, diesem Hass Alarm. Ich will mir das nicht mehr passiv anhören. Also frage ich konfrontativ: Kennst du jemand persönlich, der in deine Hass- Kategorie fällt? Und erzähle zumindest der ersten Gruppe Gegengeschichten.
Ich sehe die Menschen so deutlich in ihren Ängsten, ihren Befürchtungen, ihren Ohnmachtsgefühlen. Auf beiden Seiten.


Dienstag, 26. September 2017

Der Ruf des Meeres


Langsam nähere ich mich der weiten See. Ich bin gerne am Wasser, egal ob Bach, Fluss, (Bagger-)See oder Meer. Im Binnenland habe ich relatives Vertrauen ins Wasser. Meere, erst recht Ozeane, sind mir tendenziell unheimlich. Und ziehen mich doch magisch an.
Vor einiger Zeit habe ich das Segeln auf Traditionsschiffen für mich entdeckt. Sie sind genau groß genug, dass ich mich sicher fühle. Und es sind immer genug Leute an Bord, die soviel Erfahrung haben mit segeln und Meer, dass ich mich auch sicher fühle.  Und so war ich Sonntag auf Tagestörn mit der Alexander von Humboldt 2. Von Travemünde raus auf die Lübecker Bucht und zurück nach Travemünde.

Als ich am Kai ankomme, eine knappe Stunde zu früh, nieselt es. Die Crew verlädt gerade die sauberen Mülltonnen wieder auf´s Schiff und bescheidet mir, dass wir erst ab kurz vor halb zehn an Bord können. Gemütlich suche ich mir im nahe liegenden Cafe einen Draussenplatz, denn inzwischen hat es aufgehört zu regnen. Immer mehr Menschen füllen die Pier, der Törn ist ausgebucht.


Als letzter geht der Lotse an Bord, denn nach Maßstäben der Lübecker Bucht ist die Alex 2 ein Pott, der nicht alleine durch die Fahrrinne darf. Der Wind steht gut, so daß wir relativ bald die ersten Segel setzen können. Wir Trainees stellen uns so gut an als Crew (und der Wind bleibt uns treu), so dass wir nicht nur unter Segeln rausfahren und ohne Motorkraft nur segeln, sondern eine Halse fahren und unter Segeln wieder in den Travemünder Hafen einlaufen.


Allein diese Erfahrung, dieses Spüren, wie dieses große Schiff nur durch den Wind vorwärts getragen wird, wie sich der Seegang auf die Bewegung des Schiffes auswirkt, dazu die manchmal hervorblitzende Sonne, all das bewirkt, dass ich mich eins fühle mit den Elementen. Dazu die körperliche Anstrengung, mit den anderen all diese Leinen und Taue zu ziehen, um die Segel zu setzen, die Rahen zu verändern, in den Wind zu stellen. Abends bin ich schlagskaputt und glücklich, glücklich, glücklich.

Samstag, 23. September 2017

Reisen bildet

Mal wieder Weltkulturerbe. Diesmal Lübeck. In der Altstadt bzw. am Holstentor bin ich bestimmt 15 Jahre nicht mehr gewesen. Beim Besuch mit Oma Ruth beim Niederegger Marzipankontor waren die Kinder noch in der Grundschule. Eine Studienkollegin von mir, Solveig Ehlers, ist Galeristin geworden und lebt in Lübeck. Also bin ich in einem Haus zu Besuch, in dem an jeder freien Fläche Bilder, Originale bzw. limitierte Drucke, hängen. Nicht nur im Wohnzimmer, sondern Bad, Flur, Gästezimmer, überall hängt wunderschön gerahmte Kunst. Sie zeigt mir ihren Laden (https://www.kunstkontorzuluebeck.de/) und ich bin begeistert von Anastasiya Nesterova mit ihren großformatigen Bildern.

Weil ich doch in dieser Stoffwechselreduktionskur stecke, habe ich angeboten zu kochen. Hähnchenbrust mit geschmorten Tomaten dreierlei Art in cremiger Sauce. Und da verrät sie mir einen Kniff. Bei geschmorten Tomaten Zimt mit anbraten. Gehört - getan. Mjamjamjam. Das sowieso schon leckere Essen wird noch köstlicher. Wieder was neues gelernt. Reisen bildet nunmal.

Freitag, 22. September 2017

Terrorzelle

Ich habe mich einer Terrorzelle angeschlossen. Nicht was ihr jetzt denkt. Ich wähle Sonntag genau wie immer grün, die Nationalhymne ist und bleibt eines meiner Lieblingslieder, und ich bin überzeugte Demokratin  und Verfassungspatriotin. Nein, hier geht es um ganz anderen Terror. Seit letzten Mittwoch mache ich eine Stoffwechselreduktionskur nach Sanguinum-Prinzip. Klingt beeindruckend, oder? Fakt ist, 200 g Obst, 3 x 200 g Gemüse und 300 g Fleisch/Fisch sind mein Tagesbudget an Essen. Dazu 2 Eßl. Haferflocken oder eine Scheibe Knäckebrot und 1 Essl. Ölivenöl. Popelige Low-Carb-Fastenkur in den Grundzügen, sollte man denken. Dazu kommt dreimal wöchentlich eine homöopathische Spritze, spezieller Kräutertee und 2 l am Tag stilles Wasser. Immerhin mit Zitrone. Weil ich aber unter zig unterschiedlichen Gemüsesorten wählen kann, ist es überraschend vielfältig. Und die 300 g Fleisch, die ich nie im Leben täglich esse, kann ich umtauschen in Joghurt, Quark und Frischkäse. IN der Low Fat-Variante, mit 0,1-0,3% Fett, die ich sonst keines Blickes würdige. Insofern hat es schon was von Terror. Ich muss mir ständig überlegen, was esse ich auf Dienstreisen, auf Veranstaltungen, bei Geburtstagen. Da ich dreimal die Woche bei der Heilpraktikerin antanze (teuer ist es also auch noch), bin ich unter völliger Kontrolle. Aber: ich habe ein Ziel: keine schmerzenden Knie wegen meinem Gewicht. Also bin ich diszipliniert und satt. Lächle, wenn mir Bratwurst, Schokolade, belegte Brötchen angeboten werden. Und knabbere Möhren, Radieschen, Gurke, Kohlrabi, Blumenkohl, und und und. Esse in der Mensa Salat und koche mir abends fettfreie köstliche Gerichte. Vielleicht doch nicht so viel Terror. Nur Umgewöhnung der Esskultur. 

Montag, 18. September 2017

Welcome on Board

Heute pulsieren fette Beats durch die Hochschule. Für die Bewerbungsgespräche, die wir heute führen, ist das natürlich nicht so optimal. Für die knapp 500 Studis, die heute bei uns ankommen, ist es super. Auch meine Stimmung hebt es in den Pausen zwischen den diversen Terminen, in denen ich über den Campus flitze. Und so stehe ich glücklich fröhlich grinsend am Fotostand meiner Kollegin Conny Eisfeldt und sie schießt mit ihrer Lumix-Kamera ein Polaroid von mir.


Auf dem Weg zum nächsten Termin finde ich ein liegengebliebenes Give Away von unserer neuen Marketing- Kollektion. Schick schick. Oder auch nicht 😎


Kunst, Kultur und Geburtstag

Mein Freund Thomas wird 60. Die ganze Familie ist geladen und wir als Patenfamilie. Wir haben mit Thomas und Petra studiert, unsere Kinder sind gemeinsam groß geworden, wir teilen unzählige Erinnerungen an gemeinsame Urlaube und Familienfeiern. Nun also Thomas 60ster. Er hat sich gewünscht, dass wir alle zusammen an einem Ort das ganze Wochenende feiern, wo wir auch übernachten. Zum Glück kennt Malte, sein Sohn, die Inhaberin des Hostels Eden mit zugehörigem Garten Eden in Leipzig. Jedes Zimmer anders designt.

Leipzig - Hostel Eden - Baustellenzimmer


Leipzig - Hostel Eden - Zimmer Sabine
Leipzig - Hostel Eden - Girls Room









Knapp 30 Leute sind wir, Kind 2 ist die jüngste mit 19, ich bin die kleinste mit meinen 171 cm. Die Väter sind um die 1,90 m groß. die Söhne um die 2 m. Und davon gibt es reichlich. Sie rangeln miteinander wie die Jungbullen auf der Weide. Wer ist der Stärkste? Das gibt lustige Abendunterhaltung für uns.

Ein Drittel von uns hat Archäologie, Kunstgeschichte oder Kunst studiert oder studiert es noch, die zahlenmäßig zweite Fraktion ist oder wird Ingenieur. Reiselustig sind wir alle, das Reise-Gen wird zuverlässig durch die Generationen weiter gegeben. Für epischen Gesprächsstoff ist also ausreichend gesorgt. Und das Tagesprogramm bietet auch Anregungen zu Hauf.  Besuch der Galerien im Tapetenwerk und der Baumwollspinnerei. Motette in der Thomaskirche und Besteigen des zugehörigen Kirchturms. Im Tapetenwerk fasziniert mich das Werk von Elisabeth Howey.

Elisabeth Howey - Phantasmagorien
Elisabeth Howey

Drumherum gibt es Köstlichkeiten, Söhne und Freunde haben sich ins Zeug gelegt. Selbst geangelter und geräucherter Zander, 80 Grad Braten, mjamjamjam. Petra hat die Logistik wie immer perfekt gemanagt, das Wetter hat auch mit gespielt. Ein rundum schönes Familientreffen.




Donnerstag, 14. September 2017

Der dritte Mann meiner ersten Frau

Es ist Wahlkampf. Das heißt, die Bundes-Granden und -Grandinnen der verschiedenen Parteien kommen bei uns im Wahlkreis 15 vorbei. Wir sind schließlich der Wahlkreis der Bundeskanzlerin. Heute Abend Claudia Roth von den Grünen. Nun kenne ich die Positionen von Claudia Roth und auch die von Claudia Müller, der Spitzenkandidatin in MV. Was den Abend für mich interessant macht, sind die Leute. Die Fragen, die ihnen am Herzen liegen. Und da kommen die Sorgen und Nöte des Alltags zu Tage. Industrielle Agrarproduktion. Folgen von Klimawandel und Klimakrise. Privatisierung nicht nur von Wasser und Strom, sondern auch von Krankenhäusern und Bildung, positive Bewertung des Tempolimits, bezahlbarer Wohnraum, Entwicklungspolitik und Flüchtlinge, die ganze Bandbreite. Sogar ein extremer Kapitalismuskritiker versucht die Veranstaltung zu sprengen. Nur klassischer Naturschutz und AKWs kommen nicht wirklich vor.

Wirklich bunt wird die Veranstaltung durch zwei Männer, die erzählen, was sie mit den Grünen verbindet: der eine verehrt Claudia Roth seit 30 Jahren, der andere erzählt, dass der dritte Mann seiner ersten Frau mit Joschka Fischer im Westend Fussball gekickt hat.

Für mich war viel spannender, dass Claudia Roth mit einem Riesen BMW unterwegs ist, einem Hybrid-Auto, das während der Veranstaltung brav an der Steckdose hing.

Und der Schlusssatz von Claudia Müller:  Mein Traum ist dass künftige Generationen in MV sagen, ich kann hier bleiben, hier gibt es alles, was ich brauche.
Dem ist nichts hinzuzufügen!


Mittwoch, 13. September 2017

Geburtstag feiern

Als Kind fand ich Geburtstag feiern schrecklich. So sehr im Mittelpunkt zu stehen, so viele Leute, das war mir im Nullkommanix zu viel. Heute als Erwachsene kann ich meine Hochsensibilität besser steuern und meinen Geburtstag genießen. Und so bin ich ganz beglückt über die vielen lieben Grüße, die auf den verschiedensten Informationskanälen zu mir gekommen sind. Freue mich über die Geschenke, die so persönlich auf mich zugeschnitten sind, dass mir vor Berührt sein die Tränen kommen. Und genieße die Feier mit den Gästinnen. Danke an alle, die an mich gedacht haben.

Samstag, 9. September 2017

Hotspot 29

Normalerweise treffen sich der Landrat und ich immer bei hochoffiziellen Gelegenheiten, er im Anzug, ich in Jackett und Schuhen mit Absatz. Heute jedoch stehen wir frierend im Regen, er in einer Regenjacke überm Anzug, ich mit Schirm und dicken Boots. Andrea bekommt für ihre Arbeit auf dem Hof Buschenhagen den Preis der Succow-Stiftung für Biodiversität. Und ein Fest "Feier den Teich" im Freilichtmuseum Klockenhagen. Mit Rede vom Landrat, Vertreterinnen des BUND mit dem Projekt "Schatz an der Küste" und vom Kranich-Informationszentrum und und und. In der Rede zur Preisverleihung wird betont, bzw. aus Andreas Antrag zitiert, wie wichtig die Verbindung mit der Erde, mit der umgebenden Landschaft ist. Ich merke,r wie mich das berührt. "Wir sind ein Teil dieser Erde, und sie ist ein Teil von uns."


Ja, Leute, das ist bei uns: Hotspot 29. Normalerweise denke ich bei Hotspot sofort an die Telekom und das Internet. Und ansonsten noch an die vulkanischen Hotspots wie Hawaii. Aber nein, Hotspot 29 ist bei uns. Wir haben einen Hotspot der biologischen Vielfalt. Wenn ich im Bundesgebiet unterwegs bin, fällt mir erst auf, wie reichhaltig bei uns die Natur ist. Vieles, was ich für selbstverständlich nehme, gibt es woanders längst nicht mehr. Kraniche, Graureiher, Milane, Weihen, See-, Fisch- und Schreiadler. All das fliegt neben Raben, Störchen, Schwalben, Kibitzen einfach so bei uns über die Felder und Wälder. Von Eulen, Bussarden, Spatzen, Staren, Lerchen, Uferschwalben, Austernfischern und und und ganz zu schweigen.
Auch wenn es dieses Jahr hier ziemlich viel regnet, ich bin doch immer wieder beglückt, hier leben zu dürfen.