Sonntag, 15. August 2021

Ritualgerät

Ich bin und bleibe im Grunde meines Herzens Archäologin. Mich interessiert die materielle Kultur der Rituale. Was für Geräte werden benötigt, wie werden sie benutzt. 

Und frage mich natürlich auch immer wieder, was davon würde ich in einem archäologischen Befund finden. 


Während des Rituals werden wir immer wieder abgeräuchert. Die kleinen Pfannen enthalten Holzglut, über die immer wieder Kräuter gestreut werden. Thymian nach dem Geruch. 



Rituell wird ein Hammel geschlachtet. Handgeschoren steht er im Griff zweier Männer still, während er von einem Dritten gesalbt und -vermutlich- gesegnet wird. Da ich weder russisch noch burjatisch verstehe, weiß ich nicht, was gesagt wird. Nach der Schlachtung wird er in einem fest gelegten Ablauf zerlegt. Jeder Krümel wird aufgehoben, in eine saubere und eine unreine Wanne. Ganz zum Schluß werden die Knochen und das Fell am Altar drapiert, das Fleisch und die Innereien kommen in dieses Gestell. Daraus wird die ganze Nacht über Schnaps gebrannt. Den wir im Verlauf des Rituals zu trinken bekommen. 


Werbeplakate für Schafe am Zaun des Schamanenzentrums. Schließlich werden sie für manche Rituale gebraucht.


Teile des Destiliergerätes liegt zum Trocknen nach der Zeremonie.



Anfeuern und aufheizen des Wassers für die Reinigung, dass durch Schöpfen der Schamanin energetisiert wird.

Die ganze Zeit über brennt das Feuer, so dass gegen Ende des 2. Tages der Feuerholzstapel deutlich geschrumpft ist.


Wer das Gelände verlässt, muss sich beim zurückkommen erneut reinigen.




Der Eingang ist genau festgelegt. Da es drei Ritualfelder nebeneinander gibt, sind die Wege genau gekennzeichnet und die Schnüre dürfen nicht überschritten werden.



Vorbereiteter Nachschub für die Lichter auf den drei Altären der Schaman*innen. Der junge Mann, der für das Abräuchern zuständig ist, hat auch die Aufgabe, die Lichter zu ersetzen, wenn eine der beiden Flammen pro Altar erlischt. Fasziniert habe ich zugeguckt, wie die Frauen am Anfang des Rituals die Dochte aus Wattepads hergestellt haben. Der Brennstoff ist Ghee.



Vorbereitete Vertreterfiguren aus hellem Metall.


Anzeichnen des Kreises für die Birken, in deren Schutz später der Schnaps gebrannt wird. Der Abstand zwischen den Birken ist immer exakt gleich und wird mit dem Stock abgemessen.




Gegen Ende des Rituals werden alle Birken gezogen und verbrannt. Die Löcher werden wieder festgetreten, so dass nichts mehr auf das stattgefundene Ritual hinweist.




Vorbereitete Stoffstreifen, um die Birken zu schmücken. Weiß-blau symbolisiert den Mond und gelb-rot die Sonne. 



Der rote Faden verbindet alle einzelnen Ritualorte, die Jurte, den Birkenkreis, die Fläche mit den 109 Birken. 



Bis auf die Gefäße für die Lichter, die Schalen für das Opfern der Getränke und die Stellvertreterfiguren ist von den genutzten Gegenständen nichts allein für das Ritual. Alles andere ist entweder Gerät, dass auch sonst genutzt werden kann, oder wird verbrannt. 



Die Trommeln, Glocken, der Stab und das Gewand, also die persönlichen Gegenstände der Schamanin, sind eindeutig für ihren Stand, ihre Zuordnung als Schamanin. Doch ich habe mich nicht getraut zu fragen, was mit den Sachen im Todesfall passiert. Ich tippe auf vererben oder verbrennen. 


Ähnliches erlebe ich bei meiner Sitzung bei einer Schamanin. Sie hat eine Mala, eine Gebetskette, und Gesang, womit sie sich zentriert, die Texte sind im Handy bzw. in einem Buch. 

Für das Ritual soll ich Wodka, Milch und Lebensmittel, die ich gerne mag, besorgen, vor allem Obst. Ich gehe davon aus, dass die Dinge geopfert werden, so wie ich es in der Einweihungszeremonie erlebt habe. Beim Einkauf stelle ich mir vor, was ich gerne essen würde von dem vorhandenen Supermarktangebot und kaufe großzügig ein. 



Je nun, das Essen ist für mich. Weil es ein Ritual zur Wunscherfüllung ist. Nur der Wodka und die Milch sind für die Geister. Für den Rest habe ich drei Tage zum aufessen. Zum Glück habe ich Mayonnaise dazu gepackt.


Aber auch hier würde archäologisch gesehen nichts zu finden sein.



Das ist das Tablett für die Geister. Gaben, die ich im hohen Bogen in die Luft werfe. Aber auch hier sind nur die drei Schüsseln ritualtypisch, der Teller und das Tablett sind alltagstauglich. 





Die Tauben beseitigen mit Freude die geopferten Kekse und Süßigkeiten. 



Ich würde mal sagen, aus archäologischer Sicht ist Schamanismus nicht besonders gut nachweisbar.


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