Donnerstag, 11. Januar 2018

Statistische Rohdaten

Gestern war bei uns an der Hochschule ein Vortrag von einem Mitherausgeber der F.A.Z. Das Fazit des Referenten war, dass egal welches Vertriebsmedium (ob Print oder Internet - Papier oder Bytes) Qualitätsjournalismus, also Inhalte und Fakten, bleibt wichtig. Er meinte, Fakten zusammen tragen, Sichtweisen recherchieren und Argumente entwickeln, käme nie aus der Mode bzw. sind die Kriterien für einen guten Journalismus. Da gehe ich sofort mit. Nur zweierlei Fragen bleiben für mich offen: wie werden Fakten produziert, und wer interessiert sich für welche Fakten (und bringt sie dann an die Öffentlichkeit)? Die Welt ist so riesig, so groß, da muss zwangsläufig eine Auswahl statt finden. Erst dachte ich ja, es geht mir nur darum, dass zu wenig gute Nachrichten in der Welt sind. Da wird mir langsam klar, dass ich als Faktengeberin meine Darlegung der Fakten ändern muss, damit Journalist*innen auch gute Nachrichten berichten können. Jede Medaille hat zwei Seiten, und ich kann den Blick auf die schöne und gute Seite lenken. Was mir im Moment aber mehr zu schaffen macht, ist die Frage: Wo kommt mein Leben, meine Erfahrungen in den Medien vor? Als ich 2009 auf einem Konzert am Brandenburger Tor war, habe ich versucht, danach was darüber in den Medien zu finden. Fehlanzeige. Das hat mich damals ziemlich irritiert.

Anfang Dezember tauchte in der Hochschule der Flyer des Statistischen Landesamtes MV auf, dass sie Teilnehmer*innen für eine Einkommens- und Verbrauchs-Stichprobe (EVS) suchen. Ich habe mich sofort gemeldet. Zum einen interessiert es mich wirklich, wo mein Geld bleibt, zum anderen glaube ich, dass mein Konsumverhalten eben nicht so typisch ist. Sie haben mich ausgewählt für die Teilnahme - so geht meine Lebensrealität in diese öffentliche Statistik ein. Im Grunde meines Herzens denke ich ja, dass meine Teilnahme die Statistik der EVS verfälscht. Google und Co könnten viel bessere und detailliertere Daten von viel mehr Menschen liefern für die Fakten-Abfrage, wer wieviel Geld wofür ausgibt. Wer also produziert die Fakten für die Journalist*innen?

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen