Samstag, 5. März 2022

Heimkommen ist schwieriger als losfahren

Was hatte ich Schiss vor dem Abflug. Habe ich mich nicht doch übernommen, habe ich mir zuviel zugetraut, habe ich alles bedacht, was bedacht werden will, ob das wohl alles klappt. All solche Gedanken und Gefühle gingen mir durch den Kopf. Aber die Flüge waren gebucht, die Leute, mit denen ich mich verabredet hatte an den diversen Stationen, warteten auf mich. Also los.


Und es war wunderschön. Es war intensiv, bereichernd, erhellend, anstrengend. Und wirklich lang.


Gegen Ende meiner sechswöchigen Reise nach Kolumbien und in die Karibik hatte ich sowas wie Heimweh. Raus aus der Hitze, raus aus der Gleichförmigkeit der Tage mit ihren kurzen Sonnenauf- und Untergängen, raus aus der Fremde.




Insofern habe ich mich sehr gefreut, als ich in Hamburg gelandet bin, wieder zuhause bei meinem Kater war, wieder auf Arbeit war. Jetlag hin oder her, alles war wieder vertraut. Zuhause hat sich in den sechs Wochen nichts verändert.

 

Denkste!





Erst haut der Sturm, nein die Sturmserie, mein Fahrrad um, lässt die Mülltonnen fliegen, und mich erwischt eine Migräne, die ich seit dem Föhn in meiner Zeit in München nicht mehr erlebt habe. Die Entspannung nach der wochenlangen Anspannung und der rapid gefallene Luftdruck sind eine üble Mischung für mich.


Doch was mich viel mehr umhaut, ist der Krieg in der Ukraine. Kiew ist 1500 km entfernt von Stralsund, bis Rom sind es 1800 km. Statt in mein friedliches Europa komme ich zurück in ein Umfeld mit hohen Corona-Infektionszahlen, vielen Vorschriften und keine drei Wochen später ist dazu noch Krieg. Jetzt die Ruhe bewahren, die erhellenden, berührenden, intensiven Erfahrungen bewahren. Menschen egal welcher Nationalität, egal welcher Hautfarbe als Menschen ansehen, sie zu unterstützen. Zum Glück bin ich in meinem Schock nicht alleine.




Die Hochschule hat eine Spendenaktion für die Ukraine initiiert. Ich kaufe Unmengen an Damenhygieneartikeln, aka Binden und Tampons, und gebe sie mit. Nichts schlimmer, als unterwegs zu sein, sich nicht richtig waschen können und dann auch noch seine Blutung zu kriegen.

 

Dieses Tun, diese Aktivität der Unterstützung holt mich aus der Ohnmacht, dem Entsetzen, der Trauer. Nach 77 Jahren Frieden haben wir wieder Krieg in Europa. Auch für die (ukrainischen, syrischen etc.) Flüchtlinge ist heimkommen in ihr zerbombtes Zuhause vermutlich schwieriger als das an sich schon schwere Weggehen, Flüchten. Helfen wir Ihnen mit materieller Unterstützung, helfen wir aber ihnen und uns, indem wir Frieden in uns wahren.


 

Die Friedin ist die Mutter allen Lebens

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