Sonntag, 14. April 2019

Musik-Nerd

Ich habe ein neues Wort gelernt: Musik-Nerd. Für einen Vortrag zu "Männerbildern heute" fräse ich mich seit Wochen durch Studien und Berichte. Die Männerrollen verändern sich gerade rasant. Ich lerne Typen wie Spornosexuelle und Alpha-Männer kennen, die Alphaholes nicht zu vergessen. Und eben Nerds. Früher gab es nur zwei positiv besetzte Männerrollen: den im Beruf erfolgreichen Mann und den im Sport erfolgreichen Mann. Soldaten, Krieger, Kämpfer als Subtypen des sportlich erfolgreichen Mannes, weil körperorientiert. Spornosexuelle eben, ein neues Kunstwort aus Sport, Porno und sexuell. Nackte, eher dreieckige Oberkörper mit definiertem Bizeps und Sixpacks. Und dann gleich Retter der Menschheit.
Der Alphamann ist dagegen eher älter, distinguierter, im Anzug. Der ist ja etwas in die Kritik geraten wegen zuviel me too. Das fällt dann aber eher in die Subkategorie Alpha(ass)hole. Ein anderer Subtyp des Alphamannes ist neben dem Manager der Abenteurer. Der Wissenschaftler fällt ebenso wie der Experte eher in die Kategorie (positiver) Nerd. Denn das ist eine Ausweitung des klassischen Männerbildes. Die IT-/Mathe-/Physik-Nerds haben langsam Reputation. Das lässt mich für die Ingenieure hoffen. Technik-Nerds sozusagen.
Nun also auch Musik-Nerds. Ich denke da ja zuerst an klassische Musik. Musiker an sich, von Rock- und Popbands, fallen für mich eher unter die Rubrik Rebell/Abenteurer. In der Studie ging es um Jugendfilme. Da sind die später erfolgreichen Musiker vielleicht wirklich dem Subtyp Musik-Nerd zuzuordnen, egal welche Musikrichtung.
Doch je mehr ich einsteige, desto differenzierter wird das Bild. Pfiffiger Lehrling ist so eine Rolle, die ich auch nicht auf dem Schirm hatte.

Am meisten schockt mich mein Ergebnis zur Vaterrolle. Was für eine immense Macht der Pater familias im Römischen Reich hatte, über Söhne und Töchter. Ein Alphamann pur. Da wird mir klar, dass es 2000 Jahre gedauert hat, bis sich die Söhne aus dem Diktat der Väter befreit haben, und die Macht allgemein bei den volljährigen, begüterten Männern lag. Da sind wir schon im Mittelalter. Und dass die Frauen selbst über sich bestimmen können, egal ob verheiratet oder unverheiratet, ist im Westen seit 1977 rechtlich gesichert, im Osten, in der DDR, immerhin schon seit 1949. Es gilt also mindestens 2.300 Jahre alte psychische Muster aufzulösen. Und da ist der moderne Vater, abseits der toxischen Männlichkeit, auf einem guten Weg.
Ist nicht alles schlecht bei den Männerbildern heute.

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