Donnerstag, 27. Februar 2020

Segelschulschiff

Die Alexander von Humboldt 2 ist eine Dreimastbark, 65 m lang, 10 m breit, 4,8 m Tiefgang. Grüne Segel, gelbe Masten, jedesmal, wenn ich auf einen neuen Törn gehe, verrenke ich mir im Taxi zum Hafen den Hals, weil der 40 m hohe Großmast und der 36 m hohe Fockmast über die Hafengebäude hinausragen und weithin zu sehen sind. Gereedert durch die DSST, Deutsche Stiftung Sail Training, ist die Aufgabe der Alex vor allem jungen Leuten segeln und Seemannschaft auf einem Großsegler beizubringen. Insofern war es logisch, dass die Deutsche Marine im Sommer letzten Jahres auf uns zu kam, ob wir nicht als Ersatz für die Gorch Fock Offiziersanwärter der Marine ausbilden können. Na klar können wir das. Und so bin ich diesen Törn von Las Palmas nach La Coruna mit 39 Offiziersanwärtern, 17 Gorch Fock Stammcrew und 20 Alex Stammcrew gefahren. 76 Personen an Bord. Damit ist das Schiff voll bis an den Kragenrand. Maximal 78 Kojen gibt es an Bord.

Im Internet-Logbuch der Alex hatte ich die letzten Wochen die Berichte von den Vortörns gelesen. Sail-Training heißt Segeln. Segeln heißt Halsen und Wenden üben, Rahen brassen, Segel setzen, Segel bergen. In den Rahen Segel packen, und und und. In den Berichten war jedesmal von 20 und mehr Halsen die Rede. Was ich nicht bedacht hatte: mein Törn war der erste von zwei Rückreisestörns Richtung Heimathafen Bremerhaven. Luftlinie von Las Palmas bis La Coruna sind 970 sm. Bei einer durchschnittlichen Geschwindigkeit von 5 Knoten durchaus zu schaffen inkl. der zusätzlichen Seemeilen durch Segelmanöver. ABER: um diese Jahreszeit kommt der Wind in dieser Region meistens aus Norden, oder aus Nordost, bedingt durch den Nordostpassat und das Azorenhoch. Das ist in dem Fall wie beim Fahrrad fahren. Der Wind kommt immer von vorne. Und wenn irgendwas nur ganz mühsam geht, dann mit einem Rahsegler gegen den Wind anzufahren. Also haben wir den Motor angeschmissen. Von 1328 Seemeilen sind wir nur 313 Seemeilen gesegelt. Immerhin mehr als erwartet. 10 Tage hatten wir kein Land in Sicht, das ist Internetdetox pur.

Jedoch ist das Zusammenspiel von Atlantikdünung, Motorfahrt und Nordwind extrem seekrankheitsfördernd. So schlecht ging es mir noch auf keinem Törn. Zum Glück ist Seekrankheit mindestens zur Hälfte Psyche, lässt sich also relativ ignorieren, sobald der erste heftige Schub vorbei ist. Und so habe ich wieder gefühlte 150 Fotos von Wellen, Sonnenaufgang, Sonnenuntergang, Wellen, Sonnenuntergang, Wellen, Sonnenaufgang gemacht. Der Atlantik hatte wie die letzten Jahre sein wunderbares Blau und Wellenhöhen zwischen anderthalb und sechs Metern.  Die Delphine haben sich mir dieses Mal nur kurz gezeigt. Die Biskaya dagegen hat ihrem schlechten Ruf alle Ehre gemacht, alles grau, stürmisch, regnerisch, kabbelige Wellen.

Weil wir per Maschine soviel Zeit herausgefahren hatten, konnten wir zum Abschluss zweieinhalb Tage am Stück segeln. Himmlisch. Sanftes Wiegen in den Wellen des Meeres, relativ geräuschlos, aka kein Motorlärm, dafür das Knattern der Segel. Balsam für die Seele.
Der Törn ist gerade vorbei, da freue ich mich schon auf Februar 2021, meinen nächsten Törn auf der Alex.














1 Kommentar:

  1. Beeindruckend! Du gehörst also zu einer der Stammcrews auf der Alexander von Humboldt. Ich habe größten Respekt vor solch einem Großsegler! Somit auch vor Leuten, die ihn segeln können. Und vor der Seekrankheit. Besänftigend ist, dass solch ein Segler einen Motor hat -

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