Dienstag, 5. Januar 2021

Enden und Anfänge

Ich habe es gemacht! Ich bin heute auf dem Standesamt gewesen und habe unterschrieben. Keine 10 Minuten hat es gedauert. Das fasziniert mich immer wieder. Dass Ereignissse, die mit soviel Emotionen verbunden sind, so schnell durchgezogen sind.


Ich bin aus der katholischen Kirche ausgetreten. Ich habe es gemacht!


Das wollte ich schon mal als junge Frau, aber damals hat meine Mutter mich bequatscht, es nicht zu machen. Ich komme aus einer positiv sehr katholischen Familie, war aktiv in einem katholischen Jugendverband, und habe den Ritus, den Glauben an sich in sehr guter Erinnerung. Ich habe mich gestört an der marginalen Rolle, die mir die katholische Kirche zumutet, deshalb wollte ich damals da raus. Wenn ich nicht Messdienerin sein darf, nicht aktiv gestalten darf, was soll ich da. Dabei durfte ich, knapp illegal, als 18jährige im Aachener Dom die Messe zur 100sten Werkwoche mitzelebrieren. Ich mag Rituale 😊 und dort oben im Chorraum am Altar stehen, das hat sich gut angefühlt. 


Als Studentin hat sich die Frage nicht mehr gestellt. Ich bin mit meinem späteren Mann, Pastorensohn, in die evangelische Universitätskirche gegangen, da bin ich aufgeblüht. Ich hatte mit meiner Nachbarsfreundin den Konfirmationsunterricht mitgemacht, insofern war ich schon zweisprachig im christlichen Ritus. Evangelisch geheiratet, evangelisch getaufte und konfirmierte Kinder, evangelische Gottesdienste mitgestaltet, selbst unser Scheidungsgottesdienst war evangelisch. Auch so ein Ding, dass mich aus der katholischen Kirche treibt, der Umgang mit Geschiedenen, überhaupt mit Sexualität. Dennoch fühle ich mich mit Gott verbunden.


Auf meiner Kur in Heiligenfeld, nach meinem Burnout, war ich in der Therapiegruppe für spirituelle Krisen. Ich musste mit Gott meinen Frieden machen, dass er die Brüche und Verluste in meinem Leben zugelassen hat. Und mir die Erlaubnis geben, auf dem spirituellen Weg, auf dem ich bin, weiterzugehen. Auch wenn er mich folgerichtig aus der katholischen  Kirche austreten lässt. 


Doch alleine hätte ich das nicht geschafft. Gleich zwei Menschen, die ich sehr schätze, die beide sehr aktiv in der katholischen Kirche waren,  sind letzte Woche aus der Kirche ausgetreten. Das hat mich nochmal sehr dazu gebracht, meine innere Feigheit zu überdenken, meine Bequemlichkeit, mein es einfach so weiter laufen lassen. Doch wenn ich ehrlich bin, klar, ich mag Gott, ich mag die christlichen Werte, den Ablauf im Kirchenjahr, ich bin darin heimisch. Aber ich mag nicht die Ablehnung von Sexualität, von Frauen, von Gleichberechtigung. Dafür stehe ich nicht. Auch nicht für die Vertuschung von sexuellem Missbrauch, von Machtmissbrauch, von Männerbünden und toxischer Männlichkeit. So ist es nur logisch, dass ich heute morgen um 10 Uhr im Standesamt angerufen habe und um 16 Uhr unterschrieben habe, dass ich nicht mehr Mitglied in der katholischen Kirche bin. Ich habe es gemacht! Jetzt warte ich mal ab, was mein Umfeld dazu sagt und harre der Dinge, die da sonst noch so kommen. 


In jedem Ende liegt ein neuer Anfang und hinter jedem Anfang wartet ein neues Abenteuer….

(Miguel de Unamuno y Jugo, spanischer Philosoph, Dichter und Essayist)

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