Sonntag, 21. Juli 2019

Touri-Tour in der (Usedomer) Schweiz und Drumherum

Eine ganz alte Freundin von mir ist auf Reha-Kur in Ückeritz auf Usedom. Da sie sonst acht Stunden von mir entfernt wohnt, und es bis Usedom nur anderthalb Stunden sind, nutze ich die Gelegenheit und fahre zu ihr. Letzten Samstag haben wir zusammen köstlich Mittag gegessen und am Strand rum gehangen. Diesen Samstag hatten wir große Pläne und die Inselschnuppertour gebucht.

Und haben das große Los gezogen. Der  Busfahrer ist von der Insel und liebt seine Heimat. Er kurvt mit uns durch das Hinterland, redet von eiszeitlicher Moränenlandschaft, Rund- und Straßendörfern, slawischer Besiedlung. Erzählt aus DDR-Zeit und Jetztzeit, von Tourismus und Landwirtschaft.
Touri-Tour in der Usedomer Schweiz. Als sich im 18. und 19. Jahrhundert der Tourismus entwickelte, wurden all die wunderschönen hügeligen Landschaften mit Seen in Europa als Sowieso-Schweiz gelabelt. Und es ist richtig schön dort in der Usedomer Schweiz. Wir besuchen einen Aussichtspunkt mit Blick über Landschaft und Seen, eine Kirche mit Sternendecke. Klassische Touri-Tour.




Doch dann fahren wir zum Golm. Begräbnisstätte der Opfer des Luftangriffs auf Swinemünde im März 1945. Der Busfahrer-Fremdenführer sagt 23.000 Tote, in dem klitzekleinen Museum steht 8.-10.000 Tote. Egal. Die Summe ist so absurd hoch, die für das begraben sovieler Leichen notwendige Logistik für mich unvorstellbar. Wieviele Leichen passen auf einen Pferdekarren (wieviele sind nach so einem Bombenangriff überhaupt noch verfügbar), wieviele Fuhren braucht es, wer gräbt die Massengräber, wieviel Leute hat das Team, das die Leichen aufsammelt? Schafft ein Pferdekarren 20  Leichen? 20 Touren am Tag? Eher weniger, vom Kurpark bis zum Golm ist es ein ganzes Stück. 10 Karren, 10 Teams, 10 Tage? Es ist für mich grauenhaft, unvorstellbar. Zum Glück ist der Friedhof, die Gedenkstätte, wie ein großer Hain angelegt und wirkt friedlich. Aber es ruft mir die Not und den schieren Terror von Krieg wieder sehr deutlich ins Bewusstsein. Ich finde gut, dass die Tour auch solche Punkte beinhaltet.



Mittagspause mit Fischbrötchen am Achterwasser. Ute und ich sitzen in der Sonne, gucken auf's Wasser. Es ist so idyllisch, im Rücken das alte Fischerdorf. Das totale Kontrastprogramm zum waldigen Golm. Leben ist schön.




Höhepunkt ist Sightseeing bzw. Stadtrundfahrt in Swinemünde. Das ehemalige Kaiserbad macht auf Massentourismus. Hotels, die aussehen wie Kreuzfahrer (wie die Schiffe, nicht wie die mittelalterlichen Ritter😀), Hotels, die an der Riviera stehen könnten mit ihren schmiedeeisernen Balkonen, Hotels, die in den Hamptons stehen könnten. Und ein proppevoller Strand. Ferienfeeling pur. Wir süppeln einen exorbitant guten, um nicht zu sagen perfekten Eiskaffee und gucken entspannt dem Strandtreiben zu. Das Leben ist wunderschön.



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