Mittwoch, 24. Juni 2020

Konsentmoderation und Soziokratie

In der Ausschreibung für das Seminar stand zum Thema Konsentmoderation und Soziokratie: "Klarheit in den Zuständigkeiten" und "kompetente Entscheidungen an den richtigen Stellen". Das hat mich so angesprochen, dass ich mich sofort angemeldet habe. Und erst danach, beim zweiten und dritten Lesen habe ich gemerkt, dass dahinter ein ganzes Wertesystem und eine Gesellschaftsvorstellung steht. Konsentmoderation ist ein Handwerkszeug, um soziokratische Kreise zu moderieren. Im Kern geht es darum, Gruppen zu unterstützen zu guten Entscheidungen relativ schnell zu kommen, dass die Ergebnissse durch die einzelnen Menschen in der Gruppe mitgetragen und vor allem auch umgesetzt werden. Konsent heisst: ich habe keinen schwerwiegenden Einwand, dass wir mit der vorgeschlagenen Lösung das gewünschte Ergebnis nicht erreichen. Habe ich einen schwerwiegenden Einwand, muss ich ihn begründen. Und nach Möglichkeit gleich einen neuen Lösungsvorschlag liefern. Ein Konsens bedeutet, alle sind dafür, Konsent bedeutet nur, keine*r ist massiv dagegen. Ich finde, das ist DIE Chance für eine gute Lösung, auch wenn es vielleicht nicht die Beste aller möglichen Lösungen ist. Doch da die ganze Gruppe bei der Lösungsfindung beteiligt war, liegt die Lösung wahrscheinlich sogar in der Nähe der besten Lösung. Die Gruppe weiß oft mehr als der Einzelne.




Sonja Maier, unsere Referentin, hat uns an dem Wochenende wirklich die Grundlagen beigebracht und uns gefühlt ständig üben lassen, wie Konsentmoderation geht. Sogar eine offene Wahl hat sie mit uns durchgeführt. Denn das sind die vier Basisprinzipien der Soziokratie: Konsent, Kreisorganisation, doppelte Verknüpfung und offene Wahl.

Ganz am Anfang des Seminars stand eine Übung, bei der wir die hellen und die dunklen Seiten von autokratischen und demokratischen Entscheidungen darstellen sollten. Das war schon kraß, sowohl die hellen Seiten von einsamen Einzelentscheidungen als auch die dunklen Seiten von Mehrheitsentscheidungen zu sehen. Und dann Konsentmoderation zu üben, wo jede und jeder seine Meinung offen äussert. Weil jede*r explizit gefragt wird, nicht nur einmal, sondern zweimal. Denn so ist die Konsentmoderation aufgebaut: erst kommt eine Informationsrunde, damit jede*r auf dem gleichen Stand ist. In der ersten Meinungsrunde sage ich, wie ich dazu stehe, was meine Ansicht ist. In der zweiten Runde kann ich meine Meinung ändern. nicht zuletzt wegen der gehörten Argumente. Erst in der dritten Runde wird abgestimmt. Hand auf's Herz, wenn ich dafür bin, eine Hand heben bei einem leichten Einwand, beide Hände heben bei einem schwerwiegenden Einwand. Und wie oben schon geschrieben, schwerwiegend heißt nur begründet in Bezug auf die Zielerreichung.

Ich war jetzt im Anfänger*innen-Kurs 1. Doch das, was ich in den Inhalten durchschimmern sehe, Handwerkszeug für eine Gesellschaftsform, die auf Beteiligung, Partizipation jeder und jedes Einzelnen zielt, das bewegt mich. Mir wird bewußt, dass da noch einiges für mich zu lernen ist, sowohl theoretisch als auch im praktischen Üben. Wie schön.

Corona Kaffeepause: jede*r hat einen markierten Becher, einmal ausgeteilt.

Corona Realität: Abstand Abstand Abstand.
Egal ob im Seminarraum, beim Essen oder abends in der Dorfkneipe.





1 Kommentar:

  1. Sehr spannend! Danke für den ersten Einblick 😊 Ich kenne zwar die Doppelgleisigkeit in Entscheidungsstrukturen, aber wusste nicht einmal, dass Konsent von Konsens unterschieden wird 😮

    AntwortenLöschen