Donnerstag, 11. Februar 2021

Sind wir schon wirklich über 30?

Heute Abend habe ich eine Studienfreundin getroffen, an unserem Studienort, in Kiel. Sie wohnt in der Nähe, ich habe ehrenamtlich hier zu tun. Wegen Corona übernachte ich im Hotel und nicht bei ihr im Gästezimmer. Trotzdem wollen wir uns treffen, zusammen Abendessen, uns vor allem mal wieder live begegnen, nicht nur per Videokonferenz oder am Telefon. Nur - es ist Coronazeit, d.h. nichts hat auf. Ihr (wirklich guter) Vorschlag: sie bereitet etwas vor, wir gehen an der Kiellinie spazieren, danach essen wir in meinem Hotelzimmer Couscous und Falafel. 

Gute Pläne haben schon zu nicht Corona-Zeiten die Schwierigkeit, dass sie nicht klappen. Erst kommen wir ganz spät los, dann ist auf der Strecke Schneegestöber, statt geplanter 19 Uhr sind wir erst 20.30 Uhr in Kiel.  Gemütlich über die Kiellinie zu spazieren ist bei minus 9 Grad auch kein Vergnügen. Und dann kommt noch die Corona-Verordnung des Landes Schleswig-Holstein obendrauf. Ich muss unterschreiben, dass ich nur Menschen aus meinem Haushalt mit in mein Hotelzimmer nehmen darf. Bingo. Das wars dann. 

Doch zum Glück bin ich voller Schwung und guter Laune. Wir essen im - noch warmen - Auto köstlichen Couscous-Salat und Falafel, kämpfen mit dem Kronkorken auf der Limoflasche, lachen uns schlapp über alles Mögliche und besonders über unsere Öffnungs-Fehlversuche. Wann haben wir in der Stimmung das letzte Mal im Auto gehockt? Vor allem im Auto gehockt, weil wir sonst nirgendwo hin konnten? Eher zu der Zeit, wo wir unter 20 waren.

Wir fahren zur Kiellinie, laufen bei strammen Nordwind wenigstens ein paar Schritte. Kiellinie ist Studienzeit pur. Bei jedem Wetter. Also die Zeit, wo wir zwischen 20 und 30 waren. Das Original-Couscous-Rezept ist auch aus jener Zeit, Relikt aus einer Jahresreise in die arabische Welt. 

Nur an den Gesprächsthemen  erkenne ich, dass wir doch schon über 50 sind. Halbwüchsige und erwachsene Kinder, berufliche Diskussionen. Beim Haare färben im Hotelzimmer (es ist Corona, alle Friseure haben zu) komme ich mir dann doch wieder wie Studentin vor. 

Man ist immer so alt wie man sich fühlt. Und das ist heute Abend eher 25 als 27.


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