Montag, 8. Februar 2021

Theorie U

Dieses Wintersemester war ich Gasthörerin am M.I.T. in Boston, Massachusetts, USA. Das M.I.T. ist für Ingenieure sowas wie Harvard und Oxford zusammen, hochschulmässig High End. Dort wird schon seit Jahr und Tag online unterrichtet, in einem Format namens MOOC. Massive open online courses. Das Beste daran: diese Kurse kosten kein Geld, sie sind umsonst, solange man kein Zertifikat will. Bildung für alle. Sie kosten halt Zeit. 

Über eine gute Freundin hatte ich von Theorie U gehört, in meiner Ausbildung zur Naturcoach ist es im Curriculum, bei der Soziokratie-Fortbildung wurde darüber geredet. Also habe ich mich frohgemut angemeldet. 

Um es gleich vorweg zu nehmen, ich habe den Kurs nicht beendet. Von fünf Einheiten habe ich es bis zum Ende der 2. Einheit geschafft. Egal. Zum einen bin ich wild entschlossen, mich nächstes Wintersemester wieder einzuschreiben und weiterzumachen, zum anderen ist die Aufgabe zum Ende der 2. Einheit sich einem Coaching Circle anzuschließen bzw. einen selbst zu gründen. Was mich noch ziemlich beschäftigt. 


Doch ganz von vorne: was ist Theorie U?

Eine Management-Theorie, die versucht, praktische Methoden zu entwickeln, wie bestmögliche Zukunft gestaltet werden kann. Grundannahme ist, dass deine Intention das Ergebnis bestimmt, dass ein offener Geist, ein offenes Herz und ein offener Wille notwendig sind für wirkliche Neuerungen. Nicht Downloaden des Vergangenen,  nicht Fortschreiben des Status Quo, sondern wirklich etwas Neues entwickeln. Das U von Theorie U beschreibt den Verlauf des Prozesses. Und weil sich das gut liest, und mir und vielen anderen eingängig ist, hat Otto Scharmer, der Erfinder von Theorie U, praktische Übungen eingebaut. Damit Theorie U keine Theorie bleibt, sondern angewendet wird. Die erste Übung ist Journaling, angeleitetes meditatives Schreiben würde ich es nennen. Mit dem Effekt einer ziemlichen Selbsterkenntnis, wo man steht, und wo man hin will. Denn erst dann macht es Sinn zu handeln. Da sich das am besten mit Gruppensupport umsetzen lässt, ist die zweite Aufgabe logischerweise einen Coaching Circle zu gründen. Eine Gruppe aus vier bis sechs Menschen, mit denen man in einem strukturierten Prozess auftretende Fragen und Probleme bei der Umsetzung des eigenen Projektes bespricht. Zwischen diesen beiden großen Aufgaben gab es noch kleinere Aufgaben, aktives Hören üben, ein Gespräch mit jemand führen, der nicht der eigenen Blase angehört, Stakeholder-Interviews. Nett, aber für mich nicht die große Herausforderung. 


Ganz anders jedoch der Coaching Circle.

Vom Prinzip her bietet der MIT-U-Lab-Kurs die Möglichkeit, einem Coaching Circle beizutreten.  Und die Kurs-Unterlagen waren da auch recht deutlich. Es macht keinen Sinn, dem Kurs weiter zu folgen, wenn man nicht in einem Coaching Circle arbeitet. Seufz. Zu dem Zeitpunkt war ich schon ungefähr acht Wochen hinter der Gesamtgruppe zurück. Weil ich eigentlich keine Zeit und Lust habe, jede Woche 6-8 h in meiner Freizeit zu lernen und Vorlesungen durchzuarbeiten. Und es war auch irgendwie kein Coaching Circle frei. Deshalb habe ich entschlossen einen eigenen Coaching Circle gegründet. Die eine Freundin gefragt, eine andere Freundin gefragt, eine frühere Kollegin und die Freundin einer Freundin. Jetzt sind wir vier Evas und eine Andreea, treffen uns seit Januar ca. alle drei Wochen per Zoom, und arbeiten nach der vorgegebenen Struktur. Und ich bin hochbeglückt. Verworrene Probleme, so wie sie dauernd auftreten im menschlichen Miteinander auf der Arbeit, finden auf einmal kreative und völlig unvorhergesehe Lösungen. Was ein großes Geschenk. 


Nächstes Wintersemester geht es weiter mit dem U-Lab-Kurs, mal sehen, was dann an spannenden und anregenden Aufgaben gefordert wird.


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