Dienstag, 28. Januar 2020

Die 3 HIGHligen

Im Prinzip habe ich da, wo ich lebe, Migrationshintergrund: ich bin vor mehr als 25 Jahren nach Mecklenburg-Vorpommern imigriert, ursprünglich bin ich aus NRW. Vor allem meine Musik-Sozialisation hat ostdeutsche Bands nicht enthalten. Und so sage ich begeistert ja, als eine Bekannte mich fragt, ob ich mit zum Konzert von Dirk Michaelis, Dirk Zöllner und Andre Herzberg mitkommen will. Pankow, Die Zöllner und Karussell sind Pflöcke im Kulturgut Ostrock. Nur - bis auf die jeweilige Zugabe spielen die 3 HIGHligen nur Lieder nach 1990. Eher Lieder aus 2010 und später. Also nix mit Ostalgie.

Und was für gute Lieder. Ich bin hin und weg. Dirk Zöllner fand ich ja schon bei der Vertonung der Heine-Gedichte beim Club der toten Dichter toll. Dirk Michalis' Klassiker "Als ich fortging" jagt mir immer noch eine Gänsehaut ein und sein Projekt Dirk Michaelis singt Welthits auf Deutsch hatte mir auch gut gefallen. Nur Andre Herzberg sagte mir nichts. Doch das hat sich mit dem Konzert komplett geändert.

Bei "Er ist lieb" und "Sie mästet mich" nehmen die drei sich und einen Teil der heutigen Geschlechterrealität so ironisch auf die Schippe, einfach klasse. Andere Lieder sind 1A-Deutschrock und Deutschpop. Warum läuft davon nichts im Radio? Vielleicht weil sie in einer Art von klassischer Altherrenmanier immer wieder lange Passagen von elektronischen Gitarrenriffs spielen, so dass die Lieder die radiotauglichen 3 Minuten überschreiten. Aber genau an diesen Passagen kann ich hören, was die fünf da auf der Bühne musikalisch drauf haben.
Und textlich, sprachlich bin ich sowieso hin und weg. Das Intro aus dem Off ist  die Passage aus der Weihnachsgeschichte mit den Heiligen Drei Königen. Und sie  fanden das Volk in der Halle ... mit dem Schlenker zum Urheberrecht und dem Verbot von Filmaufnahmen. Witzig und intelligent gemacht.

Was mich zutiefst berührt hat, sind die Lieder "Gott sucht Göttin", das eigentlich Zwei Sonnen heißt, von Dirk Zöllner  sowie "Seelenverwandt" von Dirk Michaelis. Ebenso "Bis hierher" von Andre Herzberg.
Gerade nachdem ich im ZEGG erlebt habe, was zwischen Frauen und Männern an Kontakt und Austausch möglich ist, treffen mich diese Texte ins Mark.
Alle drei Männer/Sänger zeigen eine Form von klarer, angenehmer  Männlichkeit, die weit weg von toxisch ist. Für mich ist deutlich zu spüren, dass sie inzwischen mit sich, ihrem Alter, ihrem Leben im Reinen sind.

Das Lied "Grau" von Andre Herzberg trifft mich auf einer ganz anderen Ebene. Alltagsgrau, Depressionsgrau. Aber wieder geht es um Fühlen. Nur dann kommt mann und frau vermutlich zu einer solchen Klarheit, die so schöne Lieder ermöglicht.





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