Samstag, 18. Januar 2020

Z wie Zukunft

Ich war es leid, den Jahreswechsel alleine oder mit meinen Kindern zu verbringen. Das habe ich die ganzen letzten Jahre gemacht, ich wollte mal was Neues. Bereits seit zwei, drei Jahren hatte ich immer wieder versucht, in Gruppenangebote reinzukommen. Was aber gar nicht so einfach ist. Zum einen muss das Thema für mich stimmen, zum anderen darf es nicht so schnell ausgebucht sein, dass ich keinen Platz mehr kriege. Doch diesmal hat alles gestimmt.
Z wie Zukunft, wie Ökologie und Spiritualität miteinander verbunden werden können, war das Thema des Silvester-Retreats im ZEGG. Genau mein Thema. Der ganze Flyer, die ganze Ausschreibung, genau mein Thema.

Z wie Zukunft und Z wie ZEGG.
In meinem Umfeld gibt es Leute, die bekommen glückliche Augen, wenn sie vom ZEGG erzählen. ZEGG- Zentrum für experimentelle Gesellschafts-Gestaltung. Eine Lebensgemeinschaft mit ca. 100 Menschen, die ein Seminarzentrum betreiben. Und in deren zentralen Leitsätzen Liebe, Beziehung und Sexualität ganz weit oben steht. Ich kriege da nur begrenzt leuchtende Augen. Liebe, Beziehung und Sexualität beinhaltet für mich ein hohes Verletzungspotential, damit rumzuexperimentieren finde ich höllisch gefährlich. Aber ich bin auch mit mir, meinem Körper, meiner Sexualität meist im Reinen, und weiß, dass das bei vielen anderen Menschen nicht so ist. Und das Liebe, Beziehung, miteinander sein eine Kunst ist, die geübt werden muss, die handwerklich gekonnt sein will, das kann ich sofort unterschreiben.

Nun also Silvester im ZEGG. Nachdem ich da war, kriege ich auch leuchtende Augen. Denn das Miteinander war sowas von harmonisch und fließend, freundlich und zugewandt, das ist pure Labsal für ein HSP-gebeuteltes Mensch wie mich. Ich spüre nunmal schnell und direkt, wie Leute drauf sind, und liebevolle Leute sind leichter zu ertragen als grantige, schlecht gelaunte Menschen. Auch unsichere liebevolle Leute kann ich besser ab als unsichere Leute ohne liebevoll.
Aber auch der Rest hat gestimmt.

Programmablauf Silvesterretreat im ZEGG 2019/20

Der Programm-Ablauf war sowas von professionell gestaltet, das Ineinandergreifen von Großgruppe mit bis zu 200 Leuten, Kleingruppenarbeit in der Großgruppe, der kleinen Heimatgruppe von 20 Menschen, meine kleine Dreier Buddy-Gruppe, all das war super austariert und tragfähig.

Schuhe aus vor der Aula 

Klar habe ich am ersten Tag gefremdelt und bin am zweiten Tag über mich hinaus gewachsen, indem ich meine Bedürfnisse artikuliert habe. Aber es war eben auch der Raum und der Rahmen dafür da. Ein Hoch auf meine Heimatgruppenleiter und auf das gesamte Orgateam. Eine klassische Rite de Passage hatten sie für uns vorbereitet, mit Rückblick-Übungen, Abschließen des Jahres und loslassen persönlicher Dinge, die man nicht mitnehmen wollte, ein Transformations-und Schweigetag mit Schwitzhütte, und dann der Zukunft zugewandt, Feuerritual und Tanz in die Zwanziger, bis hin zum Klassiker "Was ist dein erster Schritt zum Umsetzen im Neuen Jahr".


Doch die Formate für den Rückblick haben mich neben der Schwitzhütte am meisten beeindruckt. Geschichten des Gelingens in 2019 sollten wir uns erzählen, war eine Übung. In einer anderen Übung sollten wir mit geschlossenen Augen durch das Jahr zurückgehen, so daß wir am Anfang des ja schon gelebten Jahres  2019 stehen, dann wieder durch das Jahr gehen, und spüren, was unser Körper erinnert, was hochkommt, wenn wir langsam auf den Jahreswechsel 2019/20 zu schreiten. So pragmatisch, so mit allen Sinnen orientiert auf die Zukunft. So konnte ich spüren, das manches, was ich schwierig in 2019 empfand, ein riesiger Schritt zu mehr Klarheit und zu mir selbst war, manches andere bereits völlig durchgearbeitet, und damit nicht mehr relevant war. Und mir wieder anderes schönes erneut in den Sinn kam. 2019 war ein großes Jahr für mich.

Eine der Abschlußübungen hat mich wiederum zu Tränen gerührt. Wie ich überhaupt häufig den Tränen nahe war, weil mich so vieles in diesen Tagen berührt hat. Körperlich berührt, im Sinne von Umarmungen, Kuscheleinheiten en masse, geistig berührt durch die Inputs im Bereich Klimawandel und eigener Verhaltensmöglichkeit, emotional berührt durch tiefe Erkenntnisse in der Selbsterfahrung, spirituell berührt durch die Erlebnisse in der Schwitzhütte.
Die Übung: Sitzen bleiben und darauf warten, wer sich bei dir wofür bedankt. Und gleichzeitig die Balance zu halten, aufzustehen und zu denen gehen, bei denen du dich bedanken willst. Letzteres finde ich ja eine leichte Übung. Ich sehe soviel Gutes und Schönes in den Menschen um mich herum, das kann ich denen gerne mitteilen. Geben fällt mir leicht. Aber nehmen? Ich war haufenweise außerhalb meiner Komfortzone im ZEGG, und diese Übung war genauso. Auszuhalten, anzunehmen, was mir Gutes und Schönes zu mir rückgemeldet wird, das nicht abzuwerten, das stehen zu lassen, tief durch zu atmen, es an mich ranlassen. Keine leichte Übung


Z wie Zukunft. Meine Jahresthemen für 2020 haben sich schon deutlich gezeigt zu Jahresanfang. Und da ist (Tiefen-)Ökologie und meine Russlandreise im Sommer schon dabei.

Dinge, die man selbst handeln kann, um den Klimawandel zu verringern 

Aber auch Z wie ZEGG. Ich komme Ostern wieder, um den begonnenen Prozess weiter zu führen. Wer Spaß an Selbsterfahrung in liebevoller Umgebung hat, die/der ist im ZEGG gut aufgehoben. Die Kunst ist eher, die dort empfangenen Impulse in den heimatlichen Alltag transferieren. Aber wie heißt es so schön: Man nimmt sich selbst immer mit. Die Menschin, die ich im ZEGG war, kann ich auch zuhause sein. und das versuche ich jetzt täglich.




2 Kommentare:

  1. Ja, das ZEGG ist ein besonderer Lernraum! Ich war zum ersten Mal auf der Silvestertagung, komme aber seit 10 Jahren her. Das erste Mal war ich überwältigt! Ich war auf der Suche nach der Verbindung von Liebe und Freiheit - und fand dort viel mehr Antworten als auf dem ev. Kirchentag, den ich zuvor besuchte.

    Mittlerweile gelingt mir der Übergang und der Transfer des Gelernten besser, als noch 2009. Ich bin in größerer Balance, sowohl im ZEGG, als auch zwischen diesem Zukunftsort ZEGG und meinem Gegenwartsplatz Zuhause.

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  2. Komfortzone - dieser Begriff beschäftigt mich noch immer! Spätestens nachdem ein Freund auf unserer traditionellen Winterwanderung auch noch eine Übung dazu machen wollte, dass jeder mal aus seiner Komfortzone solle. Wo verläuft sie bei mir? Wo verlief sie im ZEGG? Auch an Deinem Punkt, Lob und Wahrnehmung anzunehmen? Im Balance halten? Interessante Frage!

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