Montag, 7. September 2020

Das Rentier in der Küche

Corona hat mir nun mal einen Strich durch meine Rechnung drei Monate Sabbatical in Russland gemacht. Doch aufgehoben ist nicht aufgeschoben, die meisten Bausteine konnte ich ins nächste Jahr schieben. So interessiert mich die Lesung „Das Rentier in der Küche“ mit Britta Wulf im Stadtmuseum Bergen sofort. Coronagerecht im Garten. 
Sie berichtet über ihre Reisen an den Baikal-See, im Sommer wie im Winter. Erst recht interessiert bin ich, als ich in der Ankündigung lese: eine deutsch-sibirische Liebe. Für mich als bekennende Liebesroman-Leserin ein zusätzliches Bonbon. Sibirien, Baikalsee, Abenteuer und Liebe. Und ich werde nicht enttäuscht. Vor Jahr und Tag hatte ich ein Buch geschenkt bekommen, da ging es auch um eine Reise an den Baikal-See, aus der dann  über die Jahre mehrere Reisen wurden. Aber die Autorin , Petra Büschelberger, hat sich über das Zwischenmenschliche sehr bedeckt gehalten. 

Bereits die Einleitung der Lesung lässt mich aufhorchen. Britta Wolf ist Redakteurin, Filmemacherin beim rbb, ihre Spezialität sind Minderheiten. Und so ist der Kontakt zustande gekommen, weil sie einen Film zu den Ewenken gemacht hat. Das stand nicht in dem Werbeflyer.
Was in der Einladung auch nicht steht, ist, dass ihr Anatoli, ihre deutsch-sibirische Liebe, Ewenke ist. Ein noch größeres Bonbon also. Beziehung/Gefühle und Ewenken.  Seit ich in der Schule von Ewenken, Ewenen, Nenzen, Nanten, Tschuktschen erfahren habe, bin ich fasziniert davon. Auch wenn mir sonnenklar ist, dass die ethnologischen Filme und Bilder, die ich kenne, heute nicht mehr gültig sind.  19. Jahrhundert ist hier wie dort vorbei. Heute leben all die russischen Minderheiten meist in Siedlungen städtischen Typs (wie der amtliche Terminus ist für Dörfer, in deren Umfeld nichts Größeres ist, die daher Schule und Krankenhaus haben). Dennoch zieht es mich dahin,  möchte ich dorthin reisen, Leute kennenlernen, den Alltag erleben. Davon liest Britta Wulf, zeigt Bilder. Ich bin hin und weg, meine Reisesehnsucht blüht wieder voll auf.

Manches Mal bin ich den Tränen nah, weil sie so persönlich und authentisch schreibt und erzählt. Zweimal hat sie eine Szene ausgewählt, in der ihr Freund sie einfach nur im Arm hält. Die Gefühle, die da fließen, die sie mit diesen beiden Szenen beschreibt, sind große Gefühle, liebevolle, starke Gefühle, auch wenn sie das L-Wort vermeidet. Auch da blüht eine Sehnsucht in mir auf, merke ich.
Ich schreibe im Blog bisher nicht über Beziehung, Liebesgefühle. Dabei erlebe ich da auch einiges. Vielleicht sollte ich meine strikte Selbstzensur in diesem Bereich nochmal überdenken.

Ich habe mir beide Bücher von Britta Wulf gekauft, nicht nur „Das Rentier in der Küche“. Das zweite heißt „..und der Schamane lacht“. Vielleicht muss ich auch meine Selbstzensur im Blog für den Bereich Schamanismus und Spiritualität überdenken. Aber vor allem muss ich mir Zeit nehmen, die beiden Bücher zu lesen. Übermorgen vielleicht.


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