Sonntag, 23. Mai 2021

Ausstellungsoverkill

Ich mag Expressionismus, ich mag Frauengeschichte, insofern war es für mich in der Planung sonnenklar. Wenn ich zwischen Ankunft und Beginn der Kur zwei bis drei Stunden Zeit habe, besuche ich Gabriele Münter in Murnau am Staffelsee. 

Gabriele Münter ist eine expressionistische Malerin, (1877 bis 1962), sie hat in der Gruppe Der Blaue Reiter mitgemischt, das Lenbach-Haus in München verdankt ihr einen Großteil seiner Sammlung. Nach Murnau ist sie 1908 mit ihrem damaligen Lebensgefährten Wassily Kandinsky gekommen.


Laut Internet ist das Gabriele-Münter-Haus, ihr Wohnhaus, noch geschlossen, doch das Schlossmuseum Murnau mit einer großen Ausstellung zu ihr hat schon auf. Online angemeldet steht einem Besuch nichts mehr im Wege. 


Es heißt immer, Murnau, überhaupt die Gegend dort, sei von den Künstler*innen damals gewählt worden, weil sie so schön ist, so viele verschiedene Motive bietet. Da kann ich Gabriele Münter nur Recht geben.


Schon bei der Anfahrt bin ich geflasht vom Bergpanorama, vom Kontrast zwischen Ort und dem Wettersteingebirge im Hintergrund. 





Doch noch mehr flasht mich die Ausstellung bzw. die Ausstellungen. 


Ob es daran liegt, dass ich solange keine Ausstellung mehr besucht habe? Oder ist auch objektiv der Besuch von thematisch sechs bis sieben unterschiedlichen Ausstellungen ein Overkill? Selbst wenn sie in einem Haus untergebracht sind.


Denn nicht nur Gabriele Münters Gemälde sind ausgestellt, auch viele andere Bilder  des Blauen Reiters. Dazu jede Menge Hinterglasmalerei, beginnend mit den Arbeiten und der Sammlung Gabriele Münters bis hin zu ganz modernen Kunstwerken. 


Die Sonderausstellung "Innen, außen, drinnen, draußen" zeigt Bilder, Grafiken und Aquarelle, der Klassischen Moderne mit einem durch Corona geschärften Blick auf menschenleere Interieurs und Stadtlandschaften. Hochspannend.


Gabriele Münter und der Blaue Reiter fällt in die Zeit vor dem ersten Weltkrieg. Ödön von Horvath hat erst Anfang der 1920er Jahre Murnau für sich entdeckt und musste es 1933 wieder verlassen. Aber seine Zeit dort hat sein Schaffen zutiefst geprägt. Ich finde eigentlich alles, was ich von ihm kenne, gruselig. Das mag aber daran liegen, dass die Zeit vor 1933 gruselig war. Noch deutlicher kommt das in der zweiten Sonderausstellung zum tragen. "Es kommen kalte Zeiten" Murnau 1919-1950. Christoph Probst, der Dritte im Bunde bei der Weißen Rose neben den Geschwistern Scholl, kommt aus Murnau, genauso wie Gottfried Feder, einer der ganz frühen Förderer von Adolf Hitler. Wie überhaupt Namen genannt werden in dieser Ausstellung. Ich bin mir sicher, dass noch Kinder und Enkelkinder dieser Männer leben. Wir sind nicht Deutsche mit Migrationshintergrund, sondern Deutsche mit Nazihintergrund.


Die Ausstellung mit den Landschaftsmalereien des 19. Jahrhunderts verblasst dagegen, so schön die Bilder sind. Die Informationen zur Burggeschichte sind nett, auch wenn ich die Betonung auf das Fehlen von Waffen und Ritterutensilien absurd finde, als ich lese, dass die Burg seit dem 13. Jahrhundert im Besitz des Klosters Ettal war.


Wozu ich leider gar nicht mehr aufnahmefähig bin, ist die Ausstellung zum Murnauer Moos. Aber das gucke ich mir auch lieber im Original an.




Im Schlossmuseum gibt es immer wieder moderne Kunst zwischen den vielen Exponaten der Klassischen Moderne.
Nach Hokusai, Die Welle. 




Nr. 4 Sprache und Hinterglasmalerei verbunden. 



Gabriele Münter hat einige Zeit in Schweden und Dänemark verbracht. Dabei muss sie auch die Hunde kennengelernt haben. 


Wie gesagt, gruselig. 



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