Waschnomadin

Meine Waschmaschine macht Muster in die Wäsche. Schöne dunkle Punkte, zweireihig, in genau dem gleichen Abstand wie die Löcher in der Trommel. So hübsch ich das Muster auch finde, auf meiner guten weißen Tischdecke will ich es nicht haben. Und wenn ich drüber nachdenke, ist es auch eher ein ungesundes Zeichen: die Farbe sieht sehr nach Maschinenöl aus.

 

 

Der Kundendienst aka der Waschmaschinentechniker macht ein bedenkliches Gesicht, zieht die Waschmaschine mitten ins Bad, schraubt die Rückwand ab, macht ein noch bedenklicheres Gesicht, schraubt weiter im Innenleben der Waschmaschine, macht ein noch noch bedenklicheres Gesicht und sagt zweierlei: 

 

1. das zuviel in die Waschmaschine gegebene Waschpulver hat sich ins Lager der Trommel gedrückt und das darin befindliche Schmierfett/-öl nach außen gedrückt.

2. bis hier kostet die Reparatur 650 Euro. Soll ich weitermachen?

 

Die Waschmaschine ist 11 Jahre alt und hat 550 Euro gekostet. Die Antwort ist ganz klar: nein, nicht weitermachen.

 

 

Frohgemut stiefel ich am nächsten Morgen in den Hausgeräteladen und bestelle eine neue Waschmaschine. Das ist meine dritte oder vierte oder fünfte Waschmaschine, die ich kaufe, ich weiß, genau was ich will. Eine Waschmaschine mit Aquastop, möglichst langlebig, geräuscharm, 1400 Umdrehungen beim Schleudern, ökologisch wertvoll mit wenig Wasser- und Waschmittelverbrauch. Die letzten drei Punkte sind diskussionsfähig, aber nicht der Aquastop. Meine Mutter hat schon einmal einen Versicherungsschaden mit ausgelaufener Waschmaschine produziert, ich habe selbst schon mal ein Mietshaus vom 3. Stock bis ins Erdgeschoss inkl. Nachbarhaus unter ausgelaufenes Waschmaschinenwasser gesetzt. Ein Lob an die Haftpflichtversicherung, aber nochmal muss ich das nicht haben. Ohne Aquastop kommt mir keine Waschmaschine mehr ins Haus.

 

Das Problem: die Waschmaschine mit Aquastop, die ich mir aussuche, ist erst Ende Juni lieferbar. Jede Waschmaschine mit Aquastop ist erst Ende Juni lieferbar.  Die Fabrik, die die Aquastops produziert, war wegen Corona immer mal wieder geschlossen, deshalb gibt es jetzt Lieferverzug. C'est la vie - so ist das Leben.

 

Der Waschmaschinentechniker hat meine Waschmaschine wieder zugeschraubt, mich unterschreiben lassen, dass ich gehört habe, dass er gesagt hat, dass die Waschmaschine nicht mehr funktionsfähig ist. Sie funktioniert schon noch, aber sie würde nur weiterhin die schönen dunklen Punkte machen...

 

Jetzt bin ich also Waschnomadin. Überall, wo ich für ein paar Stunden am Wochenende zu Besuch bin, wasche ich eine Waschmaschine Wäsche. Danke an euch alle, ihr lieben Leute.